Inhaltliche Charakterisierung
Vorbemerkung

Behördengeschichte:
Infolge des Wiener Kongresses und der Neuordnung der Grenzen und Schifffahrtsgebiete Europas wurde die Verantwortung für den Bau und die Unterhaltung der Wasserstraßen dem Staat Preußen übertragen. Die Zuständigkeit der Behörden hinsichtlich der Wasserbauverwaltung hat aufgrund mehrfacher Umbildungen und Zuständigkeitsverschiebungen zwischen den Ministerien mehrfach gewechselt; ab dem Jahre 1848 war das neu errichtete Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und ab 1878 das neu gegründete Ministerium der öffentlichen Arbeiten zuständig. Nach dessen Auflösung im Jahre 1921 wurden bestimmte Binnenwasser- und Seewasserstraßen der Länder dem Reichsverkehrsministerium zugeordnet.[1]
Auf zentraler Ebene verantwortete die Wasserbauverwaltung[2] die Administration der schiffbaren Ströme, Flüsse und Kanäle sowie der Seeküsten und Häfen.
In den Provinzen oblag die Verwaltung bestimmter Hauptströme[3] dem Oberpräsidenten, sonstige schiffbare Flüsse und Kanäle, die Seeküsten und Häfen unterstanden der jeweiligen Regierung, in deren Verwaltungsbezirk die Fluss-, Kanal- und Küstenstrecken sowie Häfen lagen. Diese schiffbaren Flüsse und Kanäle sowie die Seeküsten und Häfen wurden in Wasserbaubezirke (Wasserbauinspektionen oder Wasserbauämter) eingeteilt. Deren Befugnisse und Aufgaben bestanden in der Beobachtung und Untersuchung der Hochwasserverhältnisse, der Erhaltung und Ausbildung der Schifffahrtsstraßen und staatlichen Schifffahrtsanlagen, der Aufsicht nichtstaatlicher Häfen und Schifffahrtsanlagen sowie der Einleitung von Maßregeln zur Abwendung und Bekämpfung von Hochwasser- und Eisgefahren. Der Regierungspräsident beziehungsweise die Regierung war zudem Aufsichtsbehörde für die Deichanlagen und somit für die technische Überprüfung von Entwürfen hinsichtlich Deichanlagen, Strom- und Uferbauten sowie für deren Überwachung zuständig. Ab 1895 erweiterte sich deren Zuständigkeitsbereich auf die Verwaltung der staatlichen Verkehrsabgaben (Hafen-, Brücken- und Schleusengelder sowie Einkünfte aus dem Fährregal), der Schiffsbrücken und Fähren sowie der Vermessung von Flussschiffen.[4]
Zur Provinz Ostpreußen gehörten circa 430 km schiffbare natürliche Wasserstraßen und ein Kanalnetz von etwa 415 km Länge, die Seehäfen Memel, Pillau, Königsberg und Braunsberg sowie die bedeutenden Flussgebiete von Memel und Pregel.[5]

Bestandsgeschichte:
Die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz vorhandene Territorialüberlieferung Ostpreußens setzt sich im Wesentlichen aus denjenigen Beständen, Nachlässen und Sammlungen des früheren Staatsarchivs Königsberg/Preußen zusammen, die vor Ende des Zweiten Weltkriegs nach Westen verlagert und über das damalige Staatliche Archivlager in Göttingen 1979 an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz abgegeben wurden. Während das Archiv des Deutschen Ordens (bis 1525) und des Herzogtums Preußen (bis 1701) fast vollständig hier zur Verfügung stehen, nimmt die Überlieferungsdichte im folgenden Zeitraum kontinuierlich ab; im späten 19. und im 20. Jahrhundert ist dann nur noch ein kleiner Ausschnitt des ursprünglichen Archiv- bzw. Behördenschriftguts vorhanden.
Das im damaligen Staatsarchiv Königsberg unter der Repositur 78 Baubehörden verwahrte Archivgut ist nicht überliefert. Die vorhandene Überlieferung gelangte hauptsächlich im Zuge eines Archivalienaustausches mit dem Bundesarchiv in Koblenz im Jahre 1969 in das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Zusammen mit zeitgleich übernommenen Akten der Wasserbauämter Danzig, Dirschau, Elbing, Marienburg, des Wasserstraßenamtes Elbing sowie des Hafenbauamtes Swinemünde wurde die bestehende Verzeichnung im Jahre 1979 überarbeitet und als geschlossener Bestand I. HA Rep. 87 a Wasserbauämter der Überlieferung des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten angegliedert. 1990 erfolgte die Herauslösung der ostpreußischen Wasserbaubehörden und deren Zuordnung in die Repositur XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 78 Baubehörden.[6] Die Bestandsbezeichnung wurde nach 2008 in Rep. 78 Wasserbaubehörden geändert. Für das vorliegende Findbuch wurde die bisherige Erschließung im Zuge der Onlinestellung überarbeitet, klassifiziert und durch Indizes erschlossen. Parallel zu den Erschließungsarbeiten erfolgte die magazintechnische Bearbeitung. Die Akten wurden mit Mappen und neuen Signaturschildern versehen sowie in Archivkartons verpackt.
Weiteres Schriftgut[7] hinsichtlich ostpreußischer Wasserbaubehörden wird heute im Gebietsarchiv Kaliningrad (Gosudarstvennyj Archiv Kaliningradskoj Oblasti) verwahrt. Im Einzelnen handelt es sich um die Behörden:
- Wasserbaudirektion Königsberg (inklusive Oberländischer Kanal und Wasserbauamt Tapiau), 1900 - 1944
- Königsberger Hafengesellschaft mbH, 1923 - 1944.

Verweis auf andere Bestände des GStA PK
- I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern
- I. HA Rep. 87 Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, Abteilung F Wasserbau und Wasserwirtschaft
- I. HA Rep. 93 B Ministerium der öffentlichen Arbeiten
- I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe
- I. HA Rep. 151 Finanzministerium
- XI. HA Karten, AKS - Allgemeine Kartensammlung.

Weiterführende Literatur
- Ambrassat, August: Die Provinz Ostpreußen. Ein Handbuch der Heimatkunde. Zweite, neu bearbeitete Auflage. Frankfurt am Main 1978.
- Mylius und Isphording: Der Wasserbau an den Binnenwasserstraßen. Ein Lehr- und Handbuch für Stromaufsichtsbeamte der preußischen Wasserbauverwaltung. Berlin 1904.
- Sympher, Leo: Die Wasserwirtschaft Deutschlands und ihre neuen Aufgaben, Band 1 I. und II. Teil. Berlin 1922.
- Eckoldt, Martin (Hrsg.): Flüsse und Kanäle. Die Geschichte der Deutschen Wasserstraßen. Hamburg 1998.
- Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 - 1945, Reihe A: Preußen, herausgegeben von Walther Hubatsch, Band 1: Ost- und Westpreußen, bearbeitet von Dieter Stüttgen, Marburg/Lahn 1975, Seite 7 folgende.
- Waldmann, Heinrich: Überblick über die behördengeschichtliche Entwicklung des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten. Diplomarbeit. Potsdam 1962.
- Forstreuter, Kurt: Das Preußische Staatsarchiv in Königsberg. Göttingen 1955.
- Jähnig, Bernhart: Verlagerung der Königsberger Archivbestände von Göttingen nach Berlin. In: Der Archivar, Jahrgang 34, Heft 3, 1981, Spalte 400 - 402.
- Jähnig, Bernhart: Die preußischen Bestände im Staatlichen Archiv des Kaliningrader Gebiets. In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 45/1999 (2000), Seite 311 - 321.
- Tschekina, Svetlana: Die deutschen Bestände im Staatlichen Archiv des Kaliningrader Gebietes. In: Altpreußische Geschlechterkunde/ Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen. N. F., Band 35. Hamburg 2005, Seite 471 - 472.
- Täubrich, Rainer (Bearbeiter): Archive in Ostpreußen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Bonn 1990.
- Archiwum Panstwowe w Olsztynie: informator o zasobie archiwalnym / opracowal Mariusz Tomasz Korejwo. Warszawa: Naczelna Dyrekcja Archiwów Panstwowych; Archiwum Panstwowe w Olsztynie, 2007.
- Verzeichnisse der 1944 nach Grasleben überführten Archivalien des Staatsarchivs Königsberg. In: Preußenland. Neue Folge 7/2016, Seite 155 - 176.


Formalangaben:
Letzte vergebene Nummer*: 241
(* bei Signierung nach nc)
Umfang (in laufenden Metern): 4,6
Lagerungsort : Dahlem
Die Akten sind auf rosafarbenen Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
XX. HA, Rep. 78, Nr. #
Zitierweise:
XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 78 Wasserbaubehörden, Nr. #




Berlin, 30. April 2020 (Constanze Krause M.A.; Archivamtsrätin)

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Endnoten:
[1] Vgl. Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich (Anhang zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen) vom 29.07.1921. In:
http://www.gesetze-im-internet.de/wastr_bgvtr/BJNR009620921.html#BJNR009620921BJNG000100308 (zuletzt aufgerufen am 22.04.2020).
[2] Auch als Strombau- und Schifffahrtspolizeiverwaltung bezeichnet.
[3] Weichsel, Oder, Elbe, Weser und Rhein.
[4] Vgl. Mylius und Isphording: Der Wasserbau an den Binnenwasserstraßen. Ein Lehr- und Handbuch für Stromaufsichtsbeamte der preußischen Wasserbauverwaltung. Berlin 1904, Seite 1 folgende.
[5] Vgl. Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 - 1945, Reihe A: Preußen, herausgegeben von Walther Hubatsch, Band 1: Ost- und Westpreußen, bearbeitet von Dieter Stüttgen, Marburg/Lahn 1975, Seite 1 folgende.
[6] In den Jahren 2004 bis 2006 wurde das Schriftgut der Wasserbauämter Danzig, Dirschau, Elbing, Marienburg und des Wasserstraßenamtes Elbing sowie des Hafenbauamtes Swinemünde ebenfalls aus dieser Repositur herausgelöst und als Überlieferungen XIV. HA Westpreußen, Rep. 231 Wasserbauverwaltung beziehungsweise XV. HA Pommern, Rep. 68 Hafenbauamt zu Swinemünde aufgestellt.
[7] 17 Archivalien.


Zitierweise
GStA PK, XX. HA, Rep. 78
Umfang: Angaben zum Umfang: 4,6 lfm (241 VE)
Bereitstellendes Archiv: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz