Vorwort
Leben und Werk
Johannes Jakob Theophil Gallandi entstammte einer alten ostpreußischen Bauernfamilie und wurde am 15. Juni 1843 zu Paterswalde,
Krs. Wehlau, als einziges Kind des dortigen evangelischen Pfarrers Johann Otto Gallandi und seiner Frau Luise Wilhelmine geb.
Koehler, einer Pfarrerstochter, geboren. Er besuchte das Friedrichskollegium in Königsberg und trat nach abgelegter Reifeprüfung
im September 1861 als Fahnenjunker bei dem damaligen 1. Ostpreußischen Grenadier-Regiment Nr. 1 in den Heeresdienst ein. In
dessen Reihen nahm er auch mit Auszeichnung an den Feldzügen von 1866 und 1870/71 teil. Bei zeitweiliger längerer Kommandierung
zu den Unteroffiziersschulen in Jülich und Marienwerder gehörte er diesem Regiment bis 1886 an. Am 11. November 1862 erfolgte
die Ernennung zum Offizier. Infolge der Beförderung zum Major wurde Gallandi 1886 zum 8. Ostpreußischen Infanterie-Regiment
Nr. 45 in Lyck und ein Jahr später zum 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiment Nr. 47 in Posen versetzt. Im Februar 1889
erfolgte auf seinen Wunsch der Abschied mit Pension und Uniform des Regiments Nr. 1. Gallandi wurde 1892 zur Disposition gestellt
und erhielt 1894 den Charakter als Oberstleutnant. Nach seiner Verabschiedung zog er wieder nach Königsberg, wo er in der
Nacht des 31. Dezembers 1917 ledig verstarb.
Gallandi war Inhaber des Eisernen Kreuzes 2. Klasse, des Roten Adlerordens 4. Klasse und des Kronen-Ordens 4. Klasse.
Aus seinem Vermögen gründete er die Gallandi-Koehlersche Familienstiftung, aus deren Einkünften junge bedürftige Verwandte
Ausbildungsbeihilfen erhalten sollten.
Schon vor seinem Eintritt in das Militär hatte Gallandi mit seinen genealogischen und heraldischen Studien begonnen. Während
seines aktiven Dienstes beschäftigte er sich eingehend mit der Geschichte seines Regiments. Im Jahr 1869 vollendete er dann
den ersten Nachtrag zu der 1855 von A. E. von der Oelsnitz verfassten Geschichte des Grenadier-Regiments Nr. 1 Kronprinz (1.
Ostpreußisches). Weitere Nachträge folgten 1883 und 1901. Seine familiengeschichtlichen Aufsätze erschienen in verschiedenen
Zeitschriften, so veröffentlichte er 1882/83 die "Königsberger Stadtgeschlechter" und 1887 "Die von Aweyden" in der "Altpreußischen
Monatsschrift". Kleinere Mitteilungen druckte der Verein "Der deutsche Herold". In dessen Vierteljahrsschrift gab er auch
1913 die von Erich von Manstein gesammelten "Wappen, Grabmäler, Kirchenbücher etc. in ostpreußischen Kirchen" mit erläuternden
Anmerken heraus. Seine letzte Arbeit über die "Vasallenfamilien des Ermlandes und ihre Wappen" erschien 1916 in der "Zeitschrift
für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands".
Nach seinem Tod gingen gemäß einer letztwilligen Verfügung seine handschriftlichen Sammlungen zum größten Teil an das Staatsarchiv
Königsberg über, einige auch an die dortige von Wallenrodtsche Bibliothek (gegr. vom Herzoglichen Kanzler Martin von Wallenrodt,
1570-1632; im 2. Weltkrieg teilweise zerstört).
Gallandis Nachlass wurde während des Zweiten Weltkrieges mit anderen Beständen und Sammlungen des Staatsarchivs Königsberg
ausgelagert und gelangte schließlich 1953 in das Staatliche Archivlager in Göttingen, nach dessen Auflösung 1978/79 in das
Geheime Staatsarchiv PK in Berlin-Dahlem. In der dortigen XX. Hauptabteilung (HA), Historisches Staatsarchiv Königsberg ist
der Nachlass zunächst unter der Repositur (Rep.) 300 Neuere Deposita und Nachlässe aufgestellt worden, das Adelslexikon unter
der Signatur Hs. (Handschrift) 4.
Wappensammlung
Schon in der Jugendzeit erwachte in Gallandi die Neigung zum Sammeln von Wappen. Er begnügte sich jedoch nicht mit dem Sammeln
von Siegelabdrücken in Lack, sondern zeichnete alle Wappen ab, die er u.a. an Denkmälern und Kirchengerät fand. Später kopierte
er die Wappenabbildungen von Vertretern des altpreußischen Adels aus alten Stamm- und Wappenbüchern, aus Funden in der von
Wallenrodtschen Bibliothek in Königsberg sowie aus den verschiedenen Abteilungen des Staatsarchivs Königsberg. Diese Skizzen
füllten zunächst vier Oktavbände. Anschließend erstellte er von diesen Wappen, zum Teil unter Benutzung von Umrissvordrucken,
farbige Wappenzeichnungen nach Art der älteren handschriftlichen Wappenbücher. Aufbewahrt wurden die Zeichnungen in einem
großen hölzernen Kasten. Sie umfassen die Zeit vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Überliefert
sind in der heutigen Sammlung 1011 Wappenzeichnungen.
Stammtafelsammlung (Altpreußisches Adelslexikon)
Neben der Wappenkunde beschäftigte sich Gallandi auch mit der Geschlechterkunde des preußischen Adels. Seine Sammlung genealogischer
Nachrichten mündete in die Erstellung von handschriftlichen Stammtafeln, die zunächst den Umfang von sechs Quartbänden in
Leder einnahmen (jetzt 12 Bände). Sie betreffen über 2000 ost- und westpreußische Adelsfamilien. Für sein Werk benutzte Gallandi
insbesondere die Bestände und Sammlungen des Staatsarchivs Königberg, darunter das sog. Adelsarchiv - eine Sondersammlung
aller auf Adelspersonen bezüglichen Akten -, die Ostpreußischen Folianten, die Vasallentabellen, die Lehn-, Grund- und Hypothekenbücher,
die Güterakten des Etatsministeriums sowie Testamente verschiedener Gerichte. Ferner zog er neben der Literatur und Stammtafeln
aus der von Wallenrodtschen Bibliothek auch Kirchenbücher, Familienarchive, Stadt- und Pfarrarchive sowie Grabinschriften
hinzu; wo diese fehlten, stützte er sich auch auf private Mitteilungen.
Die Angaben zu einzelnen Personen auf den Stammfolgen können unterschiedlich umfangreich sein. Meist werden der militärische
Rang und die Besitzungen aufgeführt, oft mit genauen Jahresangaben. Für die neuere Zeit sind sehr oft die Geburts- und Sterbedaten
vorhanden, für die angeheirateten Frauen die Angabe ihrer Herkunft (a.d.H. = aus dem Hause).
Die Zuverlässigkeit der Gallandischen Arbeit ist unter Familienforschern und Wissenschaftlern allgemein anerkannt, da Gallandi
als gewissenhaft arbeitender, kritischer und wahrheitsliebender Genealoge gilt. Unsicherheiten und Zweifel kennzeichnete er
mit einem Fragezeichen. Sich widersprechende Nachrichten sind als solche erkennbar. Diehlmann hat untersucht, ob die mit roter
Tinte geschriebenen Einträge durch Urkunden und Akten zuverlässig belegt sind. Nachrichten aus unsicheren handschriftlichen
Quellen seien dagegen in der Regel mit schwarzer Tinte notiert worden (vgl. Diehlmann, S. 144). Gallandis Stammtafeln sind
jedoch nicht frei von Irrtümern und Lücken, insbesondere die Angaben für das 14. und 15. Jahrhundert werden als besonders
kritisch angesehen. Nur ganz vereinzelt gibt er gedruckte Quellen an. Da Quellenangaben ansonsten völlig fehlen, ist eine
Nachprüfung der einzelnen Angaben kaum möglich und das Werk für den wissenschaftlichen Nachweis nur sehr eingeschränkt geeignet.
Es ist nicht bekannt, ob Gallandi seine Arbeiten zu Lebzeiten veröffentlichen wollte. Nach seinem Tod begann die Zeitschrift
"Prussia. Zeitschrift der Altertumsgesellschaft Prussia" im Heft 26 (1926) mit dem Abdruck der ersten Stammtafeln (ab dem
Geschlecht von Adamkewitz). Die Veröffentlichung wurde nach vier Lieferungen (bis 1935, bis zum Geschlecht Bieberstein) eingestellt.
Literatur
- Diehlmann, Hans Heinz: Die Stammtafeln Gallandis. Ihr Wert für den Forscher, ihre Gefahren für den Abschreiber, in: Altpreußische
Geschlechterkunde, NF Bd. 8, Hamburg 1975, S. 141-164.
- Gaerte, Wilhelm: Altpreußisches Adelslexikon von Oberst-Lt. Gallandi, in: Prussia. Zeitschrift der Altertumsgesellschaft
Prussia, Heft 26, Königsberg, 1926, S. 275 ff.
- Jähnig, Bernhart: Die Bestände des historischen Staatsarchivs Königsberg als Quelle für Familien- und Personenforschung,
in: Der Herold, Bd. 10 Jg. 25 (1982), S. 151-163.
- Koerner, Bernard (Hrsg.)/Grigoleit, Eduard: Gallandi aus Groß-Guja in Masuren, in: Ostpreußisches Geschlechterbuch Bd. 3
(= Deutsches Geschlechterbuch Bd. 117) Görlitz 1943, S. 73-89, 609-611, hier S. 82-83 (mit Abbildung).
- Oelsnitz, Ernst von der: Gallandi, Johannes Jacobus Theophilus Benjamin, in: Altpreußische Biographie, hrsg. im Auftrage
der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung von Christian Krollmann, Bd. 1, Königsberg 1941, S.
203 f.
- Oelsnitz, Ernst von der: Die Gallandischen Sammlungen im Staatsarchiv zu Königsberg i. Pr., in: Kultur und Leben. Monatsschrift
für kulturgeschichtliche und biologische Familienkunde, hrsg. von Willy Hornschuch, 1. Sonderheft für Ost- und Westpreußen
im Auftrag des "Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen hrsg. von Johs. Zachau, 3. Jg. (1926) Heft 9, S. 267-270.
- Schmid, Bernhard: Johannes Gallandi [Nachruf], in: Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins, 17. Jg. (1918) Nr.
1, S. 30-31.
Anke Klare M.A.
Berlin, im Oktober 2022
2023 wurde der Bestand neu verpackt und mit einer eigenständigen Repositurnummer versehen. Zugleich wurde die gesamte Sammlung
nach Numerus Currens signiert.
Letzte vergebene Nummer: 1022
Der Bestand liegt im Magazin in Dahlem und ist wie folgt zu bestellen:
- XX. HA, Rep. 311, Nr. #
Altfindmittel:
- Verzeichnis des Gallandischen Nachlasses. Altfindmittel, Nr. 2129
- Verzeichnis zur Wappensammlung Gallandi. Altfindmittel, Nr. 2324
Berlin 21.06.2023