Vorbemerkung
Bestandsgeschichte:
Die Bestimmungen des Versailler Vertrages führten am 28. Juni 1919 zur Auflösung der preußischen Provinz Westpreußen, während
das Gros seiner Behörden als Institution zunächst bestehen blieb. Das Territorium fiel größtenteils an den polnischen Staat;
bei Deutschland verblieb nur ein kleiner Teil rechts der Weichsel als Regierungsbezirk Westpreußen mit Marienwerder als Sitz
der Regierung und den Kreisen Elbing-Stadt, Elbing-Land, Marienburg, Stuhm, Marienwerder und Rosenberg. Danzig wurde als Freie
Stadt mit den Kreisen Danzig-Stadt, Danziger Höhe, Danziger Niederung und Landkreis Danzig Großes Werder dem Völkerbund unterstellt.
Im Westen des sogenannten polnischen Korridors schlug man einige kleine Restflächen dem deutschen Regierungsbezirk Schneidemühl
zu.
Als Folge der Besetzung Polens durch deutsche Truppen 1939 entstand zunächst mit dem neu gebildeten Reichsgau (Danzig) Westpreußen
ein der aufgelösten Provinz in seinen Verwaltungsgrenzen ähnelndes Territorium, das dann nach Ende des Zweiten Weltkriegs
erneut Polen zugesprochen wurde.
Wie im deutschen Kolonisationsgebiet des Mittelalters üblich, sah sich der Deutsche Orden als der Eigentümer und unbeschränkter
Herr seines Landes, der die Regelung der Besitz- und Rechtsverhältnisse seiner Untertanen nach eigenem Ermessen vornehmen
konnte. Rechtsgrundlagen der Landesbewohner entstammten daher nicht hergebrachten und ererbten Rechten, sondern Privilegien,
die vom Orden als Landesherrn an Gemeinden, Städte oder Einzelpersonen verliehen wurden.[1] Das galt auch für die in Königlich
Preußen befindlichen Besitzungen des Adels; dieser behielt zwar seine ländlichen Besitztümer, allerdings nicht zu allodialem,
sondern abgeleiteten Recht.[2]
Neben dem Adel besaßen auch Klöster und andere kirchliche Einrichtungen, der König und vermögende Stadtbürger ländlichen Grundbesitz.[3]
Der königliche und kirchliche Besitzstand wurde nach der Besetzung durch Preußen 1772 der preußischen Domänenverwaltung zugeordnet.
Mit dem "Edikt den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grund-Eigenthums, so wie die persönlichen Verhältnisse
der Land-Bewohner betreffend" vom 9. Oktober 1807 [4] wurde auch das Adelsprivileg beseitigt und jedermann durfte adlige Grundstücke
erwerben und Land bewirtschaften.[5]
Die wechselnde staatliche Zugehörigkeit des Gebietes der Provinz Westpreußen spiegelt sich auch in der Geschichte des Schriftguts
der dortigen Behörden und seiner archivalischen Quellen wider. Die sich bereits 1918 anbahnende und im Versailler Vertrag
ein Jahr später beschlossene Eingliederung des Territoriums in den wiedererstandenen polnischen Staat beziehungsweise die
neubegründete Freie Stadt Danzig führte zu einer Verlagerung sowohl von archivischen (Teil-) Beständen als auch laufenden
Behördenschriftguts auf preußisches Gebiet vor allem nach Königsberg und Berlin; ein Prozess, der sich zum Ende der erneuten
Zugehörigkeit des Territoriums zum Deutschen Reich 1939 - 1944 wiederholen sollte.
Wann konkret und auf welchem Wege die vorliegende Überlieferung in das Geheime Staatsarchiv gelangte, ist nach derzeitigem
Kenntnisstand nicht zu beantworten. In einem 1912 publizierten Überblick des damaligen Archivdirektors Max Bär zu den Beständen
des Staatsarchivs Danzig wird der Bestand unter der Registraturnummer 359 Güter und Herrschaften [6] aufgeführt; jedoch lässt
sich nicht deutlich erkennen, ob die archivische Aufstellung damals lediglich vorbereitend oder bereits nach ersten Abgaben
durch die Behörden [7] und archivischer Bewertung erfolgte.
Wie insgesamt bei den ursprünglich aus dem Staatsarchiv Danzig beziehungsweise aus dem Registraturgut der Behörden der Provinz
Westpreußen stammenden Unterlagen wurde auch die Überlieferung der vorhandenen Güter im Geheimen Staatsarchiv als XIV. Hauptabteilung
unter Übernahme der Danziger Repositurnummer aufgestellt.
Die Archivalien bezüglich des Gutes Conradshammer gelangten im Jahre 1961 vom Stadtarchiv Münster an das Geheime Staatsarchiv.
[8]
Für das vorliegende Findbuch wurde die bisherige Erschließung im Zuge der Onlinestellung überarbeitet, klassifiziert und durch
Indizes erschlossen. Parallel zu den Erschließungsarbeiten erfolgte die magazintechnische Bearbeitung. Die Akten wurden mit
Mappen und neuen Signaturschildern versehen sowie in Archivkartons verpackt.
Verweis auf andere Bestände des GStA PK:
- I. HA Geheimer Rat, Rep. 7 B Westpreußen
- I. HA Rep. 78 und 78 a Kurmärkische Lehnskanzlei
- II. HA Generaldirektorium, Abt. 9 Westpreußen und Netzedistrikt
- I. HA Rep. 87 Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten
- X. HA Brandenburg, Rep. 37 Güter (z.T. Dep.)
- XI. HA, PKM - Plankammer der Regierung zu Marienwerder
- XIV. HA Westpreußen, Rep. 181 Regierung Marienwerder.
Quellen- und Literaturauswahl:
- Geheimes Staatsarchiv PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2199, 1919-1940
- Bär, Max: Die Behördenverfassung in Westpreußen seit der Ordenszeit. Mit einem Geleitwort von Bernhart Jähnig (Sonderschriften
des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V., Nr. 62), Danzig 1912, Nachdruck Hamburg 1989.
- Bär, Max: Das K. Staatsarchiv zu Danzig, seine Begründung, seine Einrichtungen und seine Bestände. Leipzig 1912.
- Bahr, Ernst: Die Verwaltungsgebiete Königlich-Preußens 1454 - 1772. In: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins,
Heft 74. Danzig 1938, S. 51 - 181.
- Borchers, Gisela: Grundbesitz in Bauernhand: die Erbpacht in Westpreußen im Rahmen der preußischen Domänengeschichte des
18. Jahrhunderts, dargestellt am Domänenamt Schöneck; ein Beitrag zur Agrargeschichte Friedrich des Großen. Münster 2014.
- Goldbeck, Johann Friedrich: Vollständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil 1: Topographie von Ostpreußen. Hamburg
1990 (2. Nachdruck der Ausgabe von Königsberg und Leipzig, 1785).
- Keyser, Erich: Die Ländereien des Klosters Oliva vom 16. - 18. Jahrhundert: In: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins,
Heft 68. Danzig 1928, S. 40 - 42 (Olivaer Studien II).
- Letkemann, Peter: Archivalien zur Geschichte Westpreußens im Geheimen Staatsarchiv in Berlin, in: Beiträge zur Geschichte
Westpreußens. Zeitschrift der Coppernicus-Vereinigung zur Pflege der Heimatkunde und Geschichte Westpreußens e. V. Nr. 3,
1970, S. 138 - 153.
- Schumacher, Bruno: Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg 1994.
- Staatsarchiv Danzig - Wegweiser durch die Bestände bis zum Jahr 1945. Generaldirektion der Staatlichen Archive Polens, bearbeitet
von Czeslaw Biernat, aus dem Polnischen übersetzt von Stephan Niedermeier (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur
und Geschichte, Bd. 16), München 2000.
Formalangaben:
Letzte vergebene Nummer*: 16
(* bei Signierung nach nc)
Umfang (in laufenden Metern): 0,5
Lagerungsort: Dahlem
Die Akte ist auf rosafarbenen Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
XIV. HA, Rep. 359, Nr. #
Zitierweise:
XIV. HA Westpreußen, Rep. 359 Güter und Herrschaften, Nr. #
Berlin, 23. Juli 2020 (Constanze Krause
M.A.; Archivamtsrätin)
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Endnoten:
[1] Vgl. Schumacher, Bruno: Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg 1994, S. 67.
[2] Der Adel musste das "Obereigentum" des Ordens anerkennen sowie eine Abgabe, den Natural-Zehnt, abführen und Kriegsdienst
leisten. Vgl. ebd., S. 71.
[3] Eine ausführliche Beschreibung der Landgüter in Preußen findet sich bei Goldbeck, Johann Friedrich: Vollständige Topographie
des Königreichs Preußen. Teil 1: Topographie von Ostpreußen. Hamburg 1990 (2. Nachdruck der Ausgabe von Königsberg und Leipzig,
1785), S. 59 - 66.
[4] Vgl. Preußische Gesetzsammlung 1806 - 1810, S. 170 - 173.
[5] Vgl. Staatsarchiv Danzig - Wegweiser durch die Bestände bis zum Jahr 1945. Generaldirektion der Staatlichen Archive Polens,
bearbeitet von Czeslaw Biernat, aus dem Polnischen übersetzt von Stephan Niedermeier (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche
Kultur und Geschichte, Bd. 16), München 2000, S. 515.
[6] Bär unterscheidet dabei zwischen "(
) dem Staatsarchiv eigentümlich gehörige, teils von Gutsbesitzern deponierte Hausarchive."
Bär, Max: Das K. Staatsarchiv zu Danzig, seine Begründung, seine Einrichtungen und seine Bestände. Leipzig 1912, S. 91.
[7] Königliche Ansiedlungskommission. Vgl. ebenda, S. 33.
[8] Vgl. Archivalienzugangsbuch, Band 2, 1955 - 1979 (Signatur: GStA PK, I. HA Rep. 178 G Geheimes Staatsarchiv PK, Archivlager
Göttingen, Nr. 275).