Bestandsbeschreibung
Lebensdaten: 1843 - 1926
Inhaltliche Charakterisierung
Hans Hermann Freiherr von Berlepsch stammte aus einer begüterten Familie des sächsischen Landadels und wurde am 30. März 1843 als jüngster Sohn des sächsischen Oberlandforstmeisters August Gottlieb Freiherr von Berlepsch in Dresden geboren. Er studierte Rechts- und Sozialwissenschaft in Göttingen und in Berlin und trat dann in den preußischen Staatsdienst ein: Im Jahr 1867 wurde er Referendar bei der Regierung Erfurt, 1872 wurde er zum Landrat des Kreises Kattowitz ernannt. Nach einer dreijährigen Tätigkeit als Staatsminister in Schwarzburg-Sondershausen kehrte er nach Preußen zurück. 1881 wurde er zum Regierungsvizepräsident im Regierungsbezirk Koblenz ernannt, 1884 zum Regierungspräsident in Düsseldorf, 1889 dann zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz.

Früh setzte er sich für die Belange der Arbeiterschaft ein und bemühte sich um Reformen. Im großen Bergarbeiterstreik vermittelten die Behörden in seinem Amtsbereich zwischen Streikenden und Zechenleitungen. Dieser Erfolg empfahl ihn zusammen mit seinem Erfahrungen in westlichen und östlichen Bereichen des Kaiserreichs als Preußischen Minister für Handel und Gewerbe. Er übernahm das Ministerium am 31. Januar 1890.

Der "Neue Kurs", so eine Bezeichnung der zeitgenössischen Presse, bezog sich vor allem auf die Sozialpolitik, die von Minister von Berlepsch maßgeblich gestaltet wurde. Wichtige Aspekte waren einerseits der Arbeitsschutz, andererseits das Arbeitervereinsrecht. Ein erster Erfolg der Reformpolitik war die als Lex Berlepsch bekannt gewordene Gewerbeordnungsnovelle von 1891, die Arbeiterschutzvorschriften und den Ausbau der Gewerbeaufsicht festschrieb.

Im März 1890 leitete Berlepsch die Internationale Arbeiterschutzkonferenz in Berlin, war Mitbegründer der Internationalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz und wurde Vorsitzender der Gesellschaft für soziale Reform.
Wegen heftiger Kritik an der Reformpolitik musste Berlepsch im Jahr 1896 als Minister zurücktreten.
Er starb am 2. Juni 1926 in Seebach (Kreis Langensalza).


Der Nachlass gelangte im Jahr 1927 als Depositum an das GStA (Akz. 41 / 1927).




Werke:
- Soziale Entwickelungen im ersten Jahrzehnt nach Aufhebung des Sozialistengesetzes. Vortrag auf dem 12. Evangelisch-sozialen Kongress am 30. Mai 1901 in Braunschweig. Göttingen 19091
- Warum betreiben wir die soziale Reform? (Schriften der Gesellschaft für soziale Reform 11) Jena 1903
- (mit Hans Berlepsch-Valendas) Sozialismus und geistige Erneuerung. Bern 1921
- Kaiser Wilhelm II. und Fürst Bismarck. Berlin 1922
- Sozialpolitische Erfahrungen und Erinnerungen. Mönchengladbach 1925

Literatur:
- Hans-Jörg von Berlepsch, "Neuer Kurs" im Kaiserreich? Die Arbeiterpolitik des Freiherrn von Berlepsch 1890 bis 1896. Bonn 1987
- Friedrich Facius, Die Thüringischen Staaten 1815-1918, in: Klaus Schwabe (Hg.), Die Regierungen der deutschen Mittel- und Kleinstaaten 1815-1933 (Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 18), Boppard am Rhein 1983, S. 63-80
- Dirk Hainbuch / Florian Tennstedt (Bearb.), Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 1: Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Kassel 2010
- Horst Romeyk, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816-1945 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde LXIX) Düsseldorf 1994, S. 355 f.

Weitere Quellen:
- GStA PK, I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern, Personalakte Nr. 116: Referendar bei der Regierung Erfurt, und Nr. 117: Vizepräsident der Regierung zu Koblenz
- LHA Koblenz Best. 403 Oberpräsidium der Rheinprovinz, Nr. 5216; Best. 441 Bezirksregierung Koblenz, Nr. 8102; Best. 708 Sammlung zur Personen-, Landes- und Ortsgeschichte, Nr. 60 LB bzw. 61 RBL.


Letzte verzeichnete Nr.:


Der Nachlass ist zu zitieren:
GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl Hans Hermann Freiherr von Berlepsch, Nr. …

Der Nachlass ist zu bestellen:
VI. HA, Nl von Berlepsch, Nr. …



Berlin, im November 2014
Dr. Schnelling-Reinicke




Zitierweise
GStA PK, VI. HA, Nl Berlepsch, H. H. v.
Umfang: Angaben zum Umfang: 1,2 lfm (40 VE)
Bereitstellendes Archiv: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz