Inhaltliche Charakterisierung
Behördengeschichte

Konsularbehörden sind diplomatischen Vertretungen nachgeordnete Einrichtungen. Ihre gesetzliche Grundlage bildet das Konsularrecht (Das Konsulats-Reglement vom 18. September 1796 (gedruckt in: Novum Corpus Constitutionum Prussico-Brandenburgensium, Bd. 10 (1796), Nr. 97, Sp. 651-702) behielt bei mehrfacher Änderung grundsätzlich Gültigkeit bis 1866. Vgl. König, Bernhard W.: Preußens Consular-Reglement in seiner heutigen Geltung und Anwendung, 2. völlig überarb. Aufl., Berlin 1866, S. 7f). Zu den spezifischen Aufgaben eines Konsulats gehören die Wahrung und Förderung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessen des Entsendestaates in Bezug auf Handel, Verkehr und Schifffahrt sowie der Schutz der eigenen Staatsangehörigen in Form von Unterstützungen und der Ausübung polizeilicher Befugnisse. Dazu kommen verschiedene Einzelaufgaben wie Kontrolle der Schifffahrt, Überprüfung der Seetüchtigkeit und der Ladung sowie die Schlichtung von Streitigkeiten auf Schiffen. Den Konsuln im Dienste Preußens oblag die Führung des Verzeichnisses der in ihrem Einflussbereich wohnenden Angehörigen ihres Staates (Konsularmatrikel; vgl. Steinmann-Bucher, Arnold: Die Reform des Konsulatswesens aus dem volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte, Berlin 1884, insbes. S. 17).

Zu den vorrangigen Aufgaben des Konsulats Smyrna (türkisch: Izmir, seit 1422 Osmanisches Reich, heute Türkei) gehörte die Interessenvertretung des preußischen Staates im Osmanischen Reich unter besonderer Berücksichtigung der Handels- und Schifffahrtsverhältnisse zwischen beiden Staaten. Eine weitere konsularische Aufgabe bestand in der Unterstützung preußischer Staatsangehöriger u. a. durch die Vorstreckung finanzieller Mittel bzw. die Betreuung schiffbrüchiger Matrosen. Besonderes Augenmerk richtete man auf die Kontrolle des Schiffsverkehrs bzw. die Überprüfung des Warendurchgangsverkehrs.

Die ersten erhaltenen Berichte des Konsulats stammen von 1816 (vgl. I. HA Rep. 81 - Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807), ab 1820 wird es im Königlich-Preußischen Staatskalender geführt. Tatsächlich gab es seit etwa 1798 einen Honorarkonsul.
Der erste im vorliegenden Bestand erwähnte Konsul war Michel (Miezel) Pezzer (geb. 09.02.1773 in Ragusa/heute Dubrovnik, gest. 01.07.1848 in Smyrna; vgl. I. HA Rep. 81 - Gesandtschaft Konstantinopel, VI Nr. 236), der seit dem 31.12.1800 mit Régine Thérèse Issaverdens (geb. 1783, gest. 05.02.1854, vgl. I. HA Rep. 81 - Konsulat Smyrna, Nr. 2) verheiratet war. Nach seinem Tod 1848 übernahm der Sohn Natale Nicolas Pezzer (geb. 1803, gest. 01.05.1857 in Paris, verh. seit 25.01.1855 mit Antonia Spulak) das Amt. Ab 1851 wurde er als Vize-Konsul geführt, was einen weiteren Konsul voraussetzt.
Nachweislich erst zwei Jahre später (1853 bis 1857) stand ihm Konsul Ludwig Spiegelthal (Beamter der Ottomanischen Bank, vgl. I. HA Rep. 81 - Konsulat Smyrna, Nr. 6; III. HA MdA, II Nr. 1086) vor, der ab 1857/58 als Generalkonsul bezeichnet wird. Seit dem Tod Pezzers 1857 (vgl. I. HA Rep. 81 - Konsulat Smyrna, Nr. 5) blieb die Stelle des Vizekonsuls vakant. Wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung und Unterschlagung wurde 1859 eine Revision (vgl. I. HA Rep. 81 - Konsulat Smyrna, Nr. 6) durch den Gerichtsassessor und Interims-Vizekanzler der Gesandtschaft Konstantinopel, Gotthold Rudolf Contius, (vgl. III. HA MdA, ZB Nr. 583, 584 und 585) durchgeführt und Antrag auf Strafverfolgung gestellt. Dies führte aber offensichtlich nicht zu Spiegelthals sofortiger Absetzung, da der Prozess bis 1861 andauerte (vgl. I. HA Rep. 84a - Justizministerium, Nr. 57099; vgl. weiter VI. HA, Nl Manteuffel, Otto Freiherr von, Titel 2 Nr. 132).
Nach diversen Interimsvertretern vertrat Legationsrat Freiherr Hugo von Bülow als erster Berufskonsul ab 1862 die Interessen Preußens.


Konsuln und Konsulatsangestellte:
ca. 1798-1806 Wahlkonsul (= Honorarkonsul) Etienne Escalon
mind. 1816-1848 Konsul Michel Pezzer (seit 1825 Kommerzienrat)
1848-1857 Vizekonsul Natale (Nicolas) Pezzer
1854-1859 Konsul (seit 1857 Generalkonsul) Ludwig Spiegelthal
1855/56 Kanzler W. Ernstmann
1858/59 Sekretär Hermann Wertherer
1859-1861 Interimsverwalter Gustav Franke
1862/1865-1868 Konsul Freiherr Hugo von Bülow (Legationsrat)
1862/1865-1868 Kanzler Thankmar [?] von Münchhausen
1866-1867 Konsulatsverweser Bogdan von Reichenbach (gestorben 9.4.1868)

1869-1873 Konsul Johannes Lührsen
1873-1875 Konsul Julius Fröbel
1875-1885 Konsul Adolf Tettenborn
1885-1887 Konsul Julius Reitz
1887-1895 Generalkonsul Hermann Stannius
1895-1903 Generalkonsul Gottfried Galli
1903-1910 Generalkonsul Johannes Mordtmann
1910-1915 Generalkonsul Gustav Humbert
1915-1917 Konsul Ludwig von Spee
1917-1918 Konsul Theodor Weber


Quellen- und Literaturhinweise:
GStA PK III. HA MdA
Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat, S. 1795ff.
Malte Fuhrmann: Der Traum vom deutschen Orient. Zwei deutsche Kolonien im Osmanischen Reich 1851?1918, Frankfurt a. M. 2006, S. 401.
Ernst Steinwald: Beiträge zur Geschichte der deutschen evangelischen Gemeinde zu Smyrna von 1759-1904, Berlin 1904, S. 75-77.
Max Brunau: Deutschtum in Mazedonien (= Schriften des deutschen Ausland-Instituts, A Kulturhistorische Reihe, Band 15), Stuttgart 1925, S. 17, 24-26, 72-84.


Bestandsgeschichte
Der Bestand umfasst nur acht Verzeichnungseinheiten. Es handelt sich ausschließlich um Acta Specialia aus dem Zeitraum von 1851 bis 1859. Hervorzuheben ist die Akte zur Revision des Konsulats von 1859 (Nr. 6).

Ein Teil der Schriftstücke (aus den Jahren 1816 - 1847) gelangte 1876 ins Geheime Staatsarchiv (GStA PK, I. HA Rep. 178, Nr. 1901, fol. 129: Jahresbericht 1876).

Nach dem Abbruch diplomatischer Beziehungen am 2. August 1914 verblieben vermutlich weitere Akten vor Ort. Erst am Ende des Zweiten Weltkrieges gerieten sie etwa 1944 in alliierte Hände. Im August 1960 wurden sie aus Großbritannien an das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes übergeben und dort oberflächlich verzeichnet (Auskunft Herr Kröger, PA AA, nach AZ 25112). Der Bestand wurde am 08. Juli 2013 dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz übergeben (Akzessionsnr. 28/2013). Bei der Eingabe der Aktentitel in die Augias-Datenbank (2014) wurden die Titel modernisiert.



Zu bestellen:
I. HA Rep. 81 Konsulat Smyrna nach 1807, Nr. #

Zu zitieren:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate, Konsulat Smyrna nach 1807, Nr. #

Berlin, 16. Oktober 2014 / 20. Juli 2017
Verweis auf ähnliches Material
III. HA MdA; I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807
Zitierweise
GStA PK, I. HA Rep. 81 Smyrna nach 1807
Umfang: Angaben zum Umfang: 0,1 lfm (8 VE)
Bereitstellendes Archiv: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz