Behördengeschichte
Die Gesandtschaft in Neapel galt namentlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als wichtige preußische Vertretung (vgl.
Grypa, Dietmar: Der diplomatische Dienst des Königreichs Preußen (1815-1866). Institutioneller Aufbau und soziale Zusammensetzung.
Berlin 2008 (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte; 37), S. 176). Die diplomatischen Beziehungen
zwischen Preußen und dem Königreich Sizilien wurden durch die Akkreditierung des Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr (1752-1822)
zum Gesandten am 18. November 1819 aufgenommen, wenngleich der Austausch bereits 1816/17 vereinbart worden war (GStA PK, VI.
HA, Nl Hans Saring, Nr. 46, Heft 2, S. 26).
Als der König beider Sizilien 1821 Neapel fluchtartig fließ und damit die österreichische Militärintervention begründet wurde,
erfolgte im Mai 1821 die Ernennung des preußischen Gesandten in Turin Graf Truchseß-Waldburg zum Gesandten in außerordentlicher
Mission beim König von Neapel, obwohl die Funktion des nominellen Gesandten in Neapel formell bis Ende 1822 weiterbestand.
Nach Grypa besaß der Gesandte in Neapel zeitweilig nur den Status als Ständiger Geschäftsträger, weshalb ihm mangels Beglaubigung
keine offiziellen Audienzen beim jeweiligen Souverän gewährt wurden (vgl. Grypa, a.a.O., S. 163).
Bereits im Jahr nach seiner Akkreditierung erkrankte Ramdohr schwer und verstarb 1822 in Neapel (vgl. zur Witwenpension GStA
PK, III. HA MdA, ZB, Nr. 934). Am 18. November 1823 wurde als Nachfolger Johann Friedrich August Graf von Flemming (1785-1827)
ernannt (GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 12932, 153a). Flemming war ein erfahrener Diplomat,
der u.a. am Wiener Kongress teilgenommen hatte und an der Territorialkommission des Deutschen Bundes sowie an der Bundesversammlung
selbst. Sein Akkreditiv vom 29. Dezember 1823 übergab Flemming in seiner ersten Audienz am 9. Mai 1824 (GStA PK, VI. HA Nl
Hans Saring, Nr. 46, Heft 2, S. 27). Graf Flemming verstarb in Neapel am 8. Oktober 1827.
Sein Nachfolger August Ernst Wilhelm Graf von Voss (1779-1832) wurde am 16. Juni 1827 zum Gesandten ernannt (GStA PK, I. HA
Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 12932, 152), erhielt allerdings erst am 4. Januar 1828 seine Akkreditierung
(GStA PK, VI. HA Nl Hans Saring, Nr. 46, Heft 2, S. 28). Am 20. Januar 1828 fand seine erste Audienz statt. Vermutlich wegen
seiner hohen Schulden wurde er abgesetzt und verließ Neapel ohne Verabschiedungsaudienz im Frühjahr 1830 (vgl. Struckmann,
Johann Caspar: Preußische Diplomaten im 19. Jahrhundert. Biographien und Stellenbesetzungen der Auslandsposten 1815-1870.
Berlin 2003, S. 250).
Die Ernennung des Hermann Friedrich Graf von Wylich und Lottum (1796-1847) zum Gesandten in Neapel erfolgte am 5. Mai 1830,
sein Akkreditiv datiert vom 20. Mai 1830 (vgl. ebd.). Am 20. April 1831 hatte er seine erste Audienz bei König Ferdinand II.
(reg. 1830-1859). Am 30. November 1833 wurde Graf von Wylich und Lottum zum Major befördert (GStA PK, III. HA MdA, III, Nr.
1107). Seine letzte Audienz hatte er am 28. Januar 1835.
Zum neuen Gesandten in Neapel wurde der erfahrene Diplomat Carl Gustav Ernst von Küster (1797-1861) bereits am 4. Juli 1834
ernannt. Seine erste Audienz bei König Ferdinand II. hatte er am 20. Mai 1835. Nach dem Tod des preußischen Außenministers
Ancillon 1837 versammelten sich 19 außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Berlin in der (korrekten) Annahme,
aus ihrem Kreise würde Ancillons Nachfolger gewählt werden. Darunter war auch der Gesandte in Neapel, Carl Gustav Ernst von
Küster. (Grypa, a.a.O., S. 149). Infolge des Thronwechsels in Preußen musste ihm ein neues Akkreditiv am 7. August 1841 ausgestellt
werden. Nach seiner Abberufung hatte er am 10. Mai 1842 seine letzte Audienz am Hof in Neapel (GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes
Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 12966, 32). Er wechselte an die Gesandtschaft in München (Vgl. Struckmann, a.a.O., S.
142-143).
Adolf Ludwig Freiherr von Brockhausen (1801-1858) erhielt unmittelbar nach seiner Erhebung in den erblichen Adelsstand am
4. Mai 1842 die Ernennung zum Gesandten in Neapel (GStA PK, VI. HA Nl Hans Saring, Nr. 46, Heft 2, S. 30). Zwei Monate später
hatte er seine erste Audienz beim sizilianischen König. Er erhielt 1847 eine Vollmacht einen Handelsvertrag zwischen dem Deutschen
Zollverein und dem Königreich beider Sizilien auszuhandeln. Nach erfolgtem Abschluss stand er im Winter 1847/48 aus gesundheitlichen
Gründen außer Dienst und kehrte erst im April 1849 nach Neapel zurück. Sein letzter Bericht aus Neapel stammt vom 18. Juli
1852, bevor er zur Gesandtschaft in Brüssel ging (GStA PK, VI. HA Nl Hans Saring, Nr. 46, Heft 2, S. 30).
Während des am 20. Februar 1840 bewilligten neunmonatigen Urlaubs des Gesandten Küster führte Legationssekretär Albrecht von
Bernstorff (1809-1873) die Geschäfte. Er war soeben zum Mitglied des Herrenhauses ernannt worden, als an ihn am 18. Oktober
1852 der Ruf nach Neapel erging. Seine erste Audienz beim König hatte er dort am 31. Januar 1853. Er blieb nicht lange dort,
denn bereits am 20. Mai 1854 wurde er nach London abberufen, ohne eine Abschiedsaudienz zu erhalten. Sein Abschiedsschreiben
übergab sein Amtsnachfolger Karl Wilhelm Ernst Helmut von Canitz und Dallwitz (1812-1894).
Auch Canitz und Dallwitz, Sohn des früheren preußischen Außenministers, verfügte über fundierte Berufserfahrungen, da er zuvor
die Gesandtschaft in Turin geleitet hatte. Am 11. Juni 1854 erfolgte seine Ernennung zum Gesandten in Neapel. Seine erste
Audienz hatte er am 26. Oktober 1854. Während des Besuchs des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. in Rom weilte Canitz
und Dallwitz dort in außerordentlicher Mission. Vgl. I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 12940, fol. 27.
Im April 1859 wurde er zum Gesandten beim Vatikan ernannt und mit Graf von Oriolea bereits ein Nachfolger ernannt. Letzteres
wurde allerdings wieder rückgängig gemacht. Bis Mitte Juli 1860 war Legationssekretär von Gundlach interimistischer Geschäftsträger,
bis Perponcher eintraf. Der letzte Bericht des Canitz und Dallwitz datiert vom 5. August 1859 (Zur Person s. Struckmann, a.a.O.,
S. 83. Vgl. auch den Familiennachlass GStA PK, VI. HA Nl Canitz und Dallwitz).
Unter dem 28. November 1859 wurde Wilhelm Heinrich Ludwig Graf von Perponcher-Sedlnitzky als Gesandter in Neapel ernannt.
Bevor er sein Amt jedoch antreten konnte, war er noch Vertreter Bismarcks in St. Petersburg (31. Dezember 1859 bis 11. April
1860). Am 14. Juli 1860 hatte er seine erste Audienz am königlich-sizilianischen Hof. Seine letzte Audienz fand am 17. März
1861 statt (vgl. Struckmann, a.a.O., S. 181).
Unter dem übrigen Personal hebt sich Dr. Ignaz von Olfers hervor. Er wurde am 30. Januar 1824 zum Legationssekretär für Neapel
ernannt, wo er von Mai 1824 bis Mai 1826 amtierte (GStA PK, III. HA MdA, ZB, Nr. 900. Vgl. Struckmann, a.a.O., S. 175). 1839
avancierte er zum Generaldirektor der Königlichen Museen (Grypa, a.a.O., S. 80).
1826 bot der Gesandte Graf Flemming die neu konstituierte französisch-deutsch-protestantischen Gemeinde in Neapel, eine Gründung
durch Adolphe Mono, Räume im Gesandtschaftsgebäude an. Ähnlich wie in Rom, Turin und Florenz stand die Kapelle unter dem Schutz
der preußischen Auslandsvertretung. Der Kapelle war ein Hospital angegliedert. Der Status der Prediger ähnelte dem der Militärattachés
insofern, als auch hier bei der Ernennung Absprachen zwischen dem Ministerium und kirchlichen Oberbehörden notwendig waren
(Grypa, a.a.O., S. 190). Als "summus episcopus" stiftete König Friedrich Wilhelm III. persönlich einige Ausstattungsstücke
für den würdigen evangelischen Gottesdienst im Ausland: So erhielt sie im Jahre 1826 zwei bronzene Altarleuchter und ein Kruzifix,
silberne Abendmahls- und Taufgefäße sowie ein Exemplar der "neuen Preußischen Agende" (GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett,
jüngere Periode, Nr. 21838).
1859 sollte dem Gesandtschaftsprediger Remy der Rote Adlerorden III. Klasse mit Schleife verliehen werden (vgl. GStA PK, I.
HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 12940).
Die preußische Gesandtschaft endete mit der Angliederung des Königreichs beider Sizilien an das Königreich Italien zu Beginn
des Jahres 1861. Aufgaben und Unterlagen der Gesandtschaft wurden dem preußischen Gesandten in Rom übergeben.
Bestandsgeschichte
Ähnlich wie in anderen Gesandtschaften und Konsulaten pflegte die preußische Gesandtschaft in Neapel ihr Schriftgut und die
Konzepte nach Korrespondenzpartnern chronologisch sortiert zu ordnen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass der zwischenzeitliche
Stellvertreter Legationssekretär von Pirch im März 1855 dem neuen Gesandten Canitz und Dallwitz gegenüber erklären musste,
dass keineswegs alle Konzepte erhalten geblieben seien, sondern einige vom Amtsvorgänger Bernstorff kurzerhand mitgenommen
worden waren (GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Neapel, Nr. 13, Canitz-Dallwitz an Manteuffel, 28.03.1855).
Es wurden mehrere Amtsbücher geführt. Erhalten geblieben sind ein Register für die in der Gesandtschaftskapelle vorgenommenen
geistlichen Handlungen sowie ein Kopialbuch für Telegramme, das allerdings nur 1860/61 geführt wurde. Ob es frühere Kopialbücher
gab, lässt sich nicht klären.
Am 11. Juli 1870 übersendete der Kanzler des Norddeutschen Bundes die Akten des Gesandtschaftsarchivs Florenz, das auch Unterlagen
zu den Gesandtschaften Turin und Neapel enthielt, an das preußische Geheime Staatsarchiv im Königlichen Stadtschloss. Es handelte
sich dabei Akten aus der Zeit vor 1830, die zugleich Duplikate der Akten im Bestand GStA PK, I. HA Rep. 11 Nr. 182 c darstellten.
Aus diesem Grund hinterlegte sie der zuständige Archivar Gottlieb Friedländer in den Sammelbestand der Gesandtschaftsarchive
(heutige Signaturen: Nr. 1-10; vgl. GStA PK, VI. HA Nl Gottlieb Friedländer, I, Nr. 13, Bl. 26. Es waren dies die Akzessionen
7079 bis 7088/1870).
Wenige Tage später, am 20. August 1870 folgte eine weitere Aktenabgabe aus dem Gesandtschaftsarchiv Florenz aus der Zeit vor
1847, deren neapolitanischer Bestandteil ebenfalls zu den Gesandtschaftsarchiven beigefügt wurde (heutige Signaturen: Nr.
11-15; Acc. 7625 bis 7629). Erst im Archiv wurden einige Akten geheftet (heutige Signaturen: Nr. 11-15 und 25-26; GStA PK,
VI. HA Nl Gottlieb Friedländer, I, Nr. 13, Bl. 27). Weitere Akten sollten in der Altregistratur in Rom liegen, so jedenfalls
ein Hinweis im Altfindmittel. Wann die Akten der 1850er Jahre allerdings ins Archiv kamen, ließ sich noch nicht ermitteln,
möglicherweise waren sie bei dem Zugang 160 / 1882 dabei, als das Auswärtige Amt 25 Akten der Gesandtschaften Florenz und
Neapel an das Staatsarchiv abgab (I. HA Rep. 178 B, Nr. 2378).
1874 erfolgte die Verlagerung der Akten vom Stadtschloss in den neuen Standort im Hohen Haus an der Klosterstraße. Laut Beständeübersicht
von 1934 hat Archivar Döbner das handschriftliche Findbuch erstellt, vermutlich zwischen 1900 und 1923.
Nach dem Umzug des Geheimen Staatsarchivs von der Klosterstraße nach Dahlem erfolgte die erste Bestandsrevision im Herbst
1923. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Archivgut ausgelagert und fiel sowjetischen Truppen in die Hände, die es nach Moskau
mitnahmen.
Im Juni 1955 wurde das Archivgut an das Deutsche Zentralarchiv, Abt. II in Merseburg zurückgegeben und nochmals revidiert.
1959 wurden im Rahmen einer Facharbeiterprüfung im Bestand Rep. 81 Gesandtschaft Rom Konzepte des Konsuls Übel gefunden (heutige
Signatur: Nr. 29), die in den Bestand nachträglich eingefügt wurden.
1962 wurde das (heutige) Altfindmittel in Merseburg verfilmt. Eine neue Bestandsbeschreibung erfolgte 1974/75, wurde allerdings
nicht veröffentlicht bzw. nicht mit dem Findbuch verbunden (GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 534). Eine erneute Revision folgte
1986.
Infolge des Einigungsvertrags wurde das in Merseburg lagernde Archivgut 1993 nach Dahlem rücküberführt. Eine Neuverzeichnung
erfolgte im Frühsommer 2012. Zugleich wurde der Bestand neu geordnet und die frühere Ordnung nach Amtszeiten der Gesandten
aufgehoben zugunsten einer Einteilung nach inhaltlich-formalen Kriterien.
Der Bestand selbst liefert kaum Informationen zur Geschichte der Gesandtschaft, sondern umfasst im Wesentlichen die politischen
Berichte, das so genannte "Politische Archiv" (GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Neapel nach 1807, Nr. 13, Konzept Canitz
an Manteuffel, 28.03.1855), einige wenige Korrespondenzen und zwei Amtsbücher.
Zur Benutzung weiteren Auswertung empfehlen sich neben der Überlieferung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten
(GStA PK, III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten) auch Bestände des Evangelischen Zentralarchiv in Berlin (z.B.
Evangelisches Zentralarchiv, Bestand 5, Nr. 1472), des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes und des Bundesarchivs.
Literatur
- Grypa, Dietmar: Der diplomatische Dienst des Königreichs Preußen (1815-1866). Institutioneller Aufbau und soziale Zusammensetzung.
Berlin 2008 (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte; 37).
- Struckmann, Johann Caspar: Preußische Diplomaten im 19. Jahrhundert. Biographien und Stellenbesetzungen der Auslandsposten
1815-1870. Berlin 2003.
Die letzte vergebene Nummer ist die _______ .
Die Bestellsignatur lautet:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Neapel nach 1807, Nr.
Zitiert wird:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Neapel nach 1807, Nr.