Behördengeschichte
Durch Danzigs Sonderstellung innerhalb der Adelsrepublik Polen, die es der Stadt erlaubte eine eigene Außenpolitik zu führen,
hatten die großen Mächte seit dem 17. Jahrhundert dort Residenten als diplomatische Vertreter. Die preußische Vertretung bestand
bis 1793. Im Rahmen der zweiten polnischen Teilung wurde Danzig Teil des Königreichs Preußen und eine diplomatische Vertretung
damit obsolet.
Die Zugehörigkeit von Danzig zu Preußen endete mit dem Friedenschluss zwischen Preußen und Russland mit Frankreich im vierten
Koalitionskrieg (1806-1807). Durch die Artikel 14 und 19 des Tilsiter Friedensvertrags vom 9. Juli 1807 erhielt Danzig den
Status einer Freien Stadt und damit die Eigenstaatlichkeit.
Bei der Zweiten Teilung Polens 1793 wurde die Stadt dem Königreich Preußen zugesprochen. Im Preußisch-Französischen Krieg
kapitulierte Danzig am 25. Mai 1807 und erhielt im Frieden von Tilsit formal den Status einer "Freien Stadt", wurde aber von
einem französischen Gouverneur regiert. Diplomatische Beziehungen zu Danzig nahm Preußen offiziell am 30.8.1808 auf, obwohl
sich ein preußischer Vertreter bereits seit Ende 1807 in der Stadt aufhielt. Zu Beginn der Befreiungskriege 1813 wurde Danzig
von russischen Truppen eingeschlossen. Der preußische Resident von Vegesack verließ die Stadt am 14. Januar 1813, was das
Ende der diplomatischen Beziehungen bedeutete. Eine Wiederaufnahme der Beziehungen nach dem Kriege erübrigte sich, da Danzig
auf dem Wiener Kongress 1815 dem Königreich Preußen zugesprochen wurde.
Die Akten behandeln neben der Geschäftsführung der Residentur verschiedene Themenbereiche. Besondere Themenschwerpunkte sind
wirtschaftliche und militärische Themen, insbesondere im Zusammenhang mit den Napoleonischen Kriegen. Die Akten sind vorwiegend
in deutscher und französischer Sprache gehalten.
Residenten (Lebensdaten soweit bekannt in Klammern hinter dem Namen):
1672-1679: Joachim Friedrich von Benckendorff
1694-1718: Adam Borgislav (Boguslav/Boguslaw) Rubach
1718-1720: Heinrich Christian von Offenberg (1696-1781)
1720-1738: Ewald Joachim von Zitzewitz (1674-1749)
1733-1737: Johann Ernst von Wallenrodt (1695-1766); (1)
1738-1740: Johann Konstantin von Ferber (1704-1746)
1740-1750: Johann Adolf von Wagenfeldt (1703-1750)
1750-1765: Benjamin Reimer (1701-1765)
1765-1771: Johann Andreas von Junck (1735-1789)
1771-1782: Johann Gottlieb Tietz (1749-1820)
1782-1793: Johann Christian von Lindenowski (1736-1813)
1793-1808: Zugehörigkeit zu Preußen
1808-1813: Dagobert Roderich Achilles von Vegesack (1769-1850)
Bestandsgeschichte:
Die Akten der Residentur Danzig gelangten im Jahr 1839 in das Geheime Staatsarchiv und wurden dort rund 50 Jahre später, im
Jahr 1887 von Meinecke verzeichnet. Die Unterlagen zu Ferber sind zunächst in der I. HA GR, Rep. 49 Nr. R 24 1 a, die Akten
von Wagenfeldt in der I. HA GR Rep. 7 Preußen Nr. 59 eingeordnet worden. Von den Residenten Reimer, Junck und Tietz sind nach
bisherigem Kenntnisstand im Jahr 1794 wenige Faszikel in das Archiv gelangt und 1808 dem Residenten Vegesack übergeben. Sie
sollen bereits 1794 nur unvollständig gewesen sein; die Reste sind mit Vegesacks Archiv endgültig nach Berlin gekommen. Lindenowski
hat hingegen bereits vor der Abgabe ans Archiv viele Schriftstücke kassiert. Vegesacks und Lindenowskis Archive waren zunächst
ebenfalls in der I. HA GR Rep. 7 Nr. 59 eingeordnet gewesen.
Im Rahmen des Archivumzugs nach Dahlem wurde der Gesamtbestand I. HA Rep. 81 "Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)
Konsulate" 1923 revidiert.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bestand in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck ausgelagert. Nach Kriegsende wurden
die Archivalien von der Sowjetunion beschlagnahmt und in die UdSSR gebracht. Von dort aus wurden sie 1955 an die DDR übergeben
(2). Hier wurden sie den Beständen des Deutsche Zentralarchivs, Abteilung Merseburg (ab 1973 Zentrales Staatsarchiv der DDR)
zugeordnet. Dort wurde der Bestand 1973 durch die "Jugendfreunde" Larivière und Nossol als sogenanntes "Jugendobjekt" im Rahmen
der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin bearbeitet. Die beiden erstellten ein neues Findbuch, wobei die 1967
beschlossene Trennung der Überlieferung in vor' und nach' 1807 ("Zeit des Feudalismus und des Kapitalismus") angewandt wurde
(3).
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurden die Archivalien aus dem Zentralen Staatsarchiv, Abteilung Merseburg 1993 in
die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz rückgeführt. Hier fiel 2005 die Entscheidung, den Gesamtbestand
"I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate nach 1807" provenienzgerecht als Einzelbestände der
jeweiligen Gesandtschaften, Residenturen bzw. (General-) Konsulate aufzustellen, so dass die vorliegenden Archivalien seit
dem unter der Bestandsbezeichnung GStA PK, I. HA Rep. 81 Residentur Danzig nach 1807 firmierten.
Die Trennung der Gesandtschaftsüberlieferungen in die "feudalistische" bzw. die "kapitalistische" Epoche wurde im Mai 2018
wieder rückgängig gemacht (4). Im Jahr 2019 wurde der Bestand durch den Archivinspektoranwärter Felix Meyer bearbeitet, indem
die Titel der älteren Überlieferung (vormals "vor 1807") modernisiert und vereinheitlicht sowie umfangreiche Enthält-Vermerk
aufgenommen wurden. Soweit es in einem angemessenen Zeitaufwand ermittelbar war, wurden für Personen und Orte Verknüpfungen
mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) erstellt. Er erstellte eine Klassifikation für den Bestand, der nach dem Numerus Currens
neu signiert und neu verpackt wurde.
Im Bestand befinden sich folgende Verzeichnungseinheiten, die Schimmelbefall haben und daher nicht vorzulegen sind:
I. HA, Rep. 81, Residentur Danzig, Nr. 10 bis Nr. 12 (5).
Verwandte Bestände:
GStA PK, I. HA, GR, Rep. 7 - Preußen
GStA PK, I. HA, GR, Rep. 7 B - Westpreußen
GStA PK, I. HA, GR, Rep. 11 Akten - Auswärtige Beziehungen, Akten
GStA PK, I. HA, GR, Rep. 49
GStA PK, I. HA, GR, Rep. 63 - Neuere Kriegssachen
GStA PK, I. HA, Rep. 85 - Generalkommission für das Einquartierungs-, Verpflegungs- und Marschwesen (Generalverpflegungskommission)
GStA PK, I. HA, Rep. 96 und 96 A - Geheimes Kabinett
GStA PK, I. HA Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale)
GStA PK, III. HA, MdA - Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
Literatur:
Loew, Peter Oliver: Danzig. Biographie einer Stadt, München 2011.
Laufzeit: 1733 - 1820
Bestandsumfang: 87 Verzeichnungseinheiten (ca. 3,5 lfdm)
letzte vergebene Nummer: __87__
Der Bestand lagert derzeit im Westhafen.
Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
I. HA Rep. 81 Danzig, Nr. ##
Zitierweise: I. HA Rep. 81 Residentur Danzig, Nr.##
Berlin, den 25.09.2019 Dr. Pauline Puppel, AR
Felix Meyer, Archivinspektoranwärter
(1) Vgl. GStA PK, XX. HA, Oberratsstube, Preußische Regierung, Ostpreußisches Etatsministerium, 25 b Nr. 1; vgl. GStA Pk I.
HA Rep. 96, Nr. 1 L; GStA PK, I. HA, Rep. 81, Residentur Danzig Nr. 1; GStA PK, I. HA, Rep. 81, Residentur Danzig Nr. 1a;
Straubel, Rolf: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740-1806/15 (Einzelveröffentlichungen
der Historischen Kommission zu Berlin Bd. 85), Teil 2: Biographien M - Z, München 2009, S. 1064.
(2) Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Dienstelle Merseburg, Nr. 153.
(3) GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 351.
(4) Vgl. Arbeitsbericht über die durchgeführten Abgrenzungsarbeiten im II. Quartal 1967, in: GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr.
168 sowie GStA PK, TgbNr. 9183/18 (Registratur Aktenzeichen C 1/1/1).
(5) Altsignaturen I. HA, Rep. 81 Danzig nach 1807 V Nr. 10 bis V Nr. 12.