Einleitung
1. Behördengeschichte
Seit der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685 wanderten in mehreren Migrationswellen verschiedene Gruppen von Glaubensflüchtlingen
nach Brandenburg-Preußen ein. Es entstand das spezifische Rechtsgebilde einer Französische Kolonie' (M. Asche) mit dem Potsdamer
Edikt von 1685 als Rahmengesetzgebung. Rechtlich, aber auch religiös erlangte diese Kolonie eine Sonderstellung, die ihr Aufgehen
im Untertanenverband verhinderte.
Die synodal-presbyteriale Kirchenverfassung ihrer Heimatländer konnten die Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen jedoch
nicht durchsetzen. Denn die Hohenzollern strebten von Anfang an danach, die Kolonisten dem landesherrlichen Kirchenregiment
zu unterwerfen, wenngleich reformierte Gemeindeämter (Anciens, Diacres) und Gremien (Compagnien, Präsbyterien, Konsistorien)
durchaus vorhanden waren. Dementsprechend wurde eine Commission Ecclésiastique geschaffen, die "als höchste kirchliche Appellationsinstanz
Entscheidungen im Sinne des Landesherrn treffen, aber auch Visitationen in den einzelnen französisch-reformierten Kirchengemeinden
durführen [sollte]." Am 26. Juli 1701 wurde die Commission Ecclésiastique dem lutherischen Konsistorium gleichgestellt und
firmierte fortan als Französisches Ober-Konsistorium bzw. als Consistoire français superieur oder Tribunal ecclésiastique
et consistorial sur les Colonies François. Es war dem Geheimen Rat, seit den 1730er Jahren dem Geistlichen Departement nachgeordnet.
1808 wurde es im Zuge der Stein-Hardenbergschen Verwaltungsreform aufgelöst.
2. Bestandsgeschichte
Der Bestand wurde im Zuge der Retrokonversion der Findmittel zu den zentralen Kirchenbehörden des 18. Jahrhunderts neu gebildet.
Er umfasst in erster Linie die zuvor im Bestand I. HA Rep. 76 Alt Ältere Oberbehörden für Wissenschaft, Kunst, Kirchen- und
Schulsachen unter der Ziffer VI Französische Oberkonsistorium aufgestellten Akten sowie einzelnen aus dem Bestand I. HA Rep.
99/X. HA Rep. 40 (Ober-) Konsistorium herausgelöste Akten.
3. Literatur
Asche, Matthias, Neusiedler im verheerten Land. Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerung und Konfessionspolitik im Zeichen
des Landeswiederaufbaus. Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts, Münster 2006, S. 501-552.
Hintze, Otto, Die Epochen des evangelischen Kirchenregiments in Preußen, in: Historische Zeitschrift 97 (1911), S. 69-118.
4. Verweise auf andere Bestände und Archive
GStA PK
I. HA Rep. 99 (Ober-) Konsistorium
I. HA Rep. 243 Evangelisch-reformiertes Kirchendirektorium
I. HA Rep. 213 A Hôtel de Refuge
IV. HA Rep. 17 Oberkriegskonsistorium
XX. HA, Rep. 67 Konsistorium zu Königsberg
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Rep. 40 A Kurmärkisches Konsistorium
Rep. 40 B Neumärkische Konsistorium
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
A 203 II Evangelisch-Reformiertes Kirchendirektorium zu Berlin
A 203 III Französisches Oberkonsistorium zu Berlin
A 202 I Minden-Ravensberg, Konsistorium
Staatsarchiv Stettin
0040 Französische Reformierte Kirche zu Stettin
Dr. Leibetseder
Berlin, 05.01.2012