I. Einleitung
1. Behördengeschichte
Die Existenz der Generalzivilkommissariate verdankt sich den Napoleonischen Kriegen sowie den Stein-Hardenbergschen-Verwaltungsreformen.
Nach dem militärischen Zusammenbruch Preußens 1806 und dem Tilsiter Frieden vom 7./9. Juli 1807 stellte sich die Frage der
zivilen und militärischen Reorganisation des Staatswesens. Preußen hatte im Frieden von Tilsit große Gebietsverluste hinnehmen
müssen, darunter auch jene Gebiete, die es in der zweiten und dritten polnischen Teilung von 1793 und 1795 erst gewonnen hatte.
Aus diesen Gebieten formte Kaiser Napoleon das Großherzogtum Warschau. Der Territorialbestand Pommerns und der Neumark blieb
dagegen erhalten, der Netzedistrikt wurde geteilt.
Zur Umsetzung der Friedensbestimmungen wurde die Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens errichtet. Für Pommern
und die Neumark sowie für Ost- und Westpreußen wurden Generalzivilkommissariate eingerichtet, die der Immediatkommission unterstellt
wurden (Kabinettsordre vom 31. Juli 1807). Für Ost- und Westpreußen betraute man den Friedrich Leopold Freiherr von Schrötter
(1743-1815) mit dem Amt des Generalzivilkommissars. Wie August Heinrich von Borgstede, der Leiter des Generalzivilkommissariats
für Pommern und die Neumark, kam Schrötter aus dem Generaldirektorium, in dem er Chef des Preußischen Departements gewesen
war. Für die neue Tätigkeit empfahl ihn ferner, dass er zwischen 1791 und 1795 den Posten eines Oberpräsidenten der Ost- und
Westpreußischen Kriegs- und Domänenkammern zu Königsberg, Gumbinnen und Marienwerder sowie der Kammerdeputation zu Bromberg
bekleidet hatte. Als nachgeordneter Generalzivilkommissar für Westpreußen berief Schroetter den Präsidenten der Kriegs- und
Domänenkammer Marienwerder Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf von Dohna-Schlobitten (1771-1831).
Die Aufgabe der Generalzivilkommissariate bestand darin, in den von der französischen Armee besetzten Provinzen die Bedingungen
des Friedensvertrages umzusetzen. Innerhalb dieses Behördengefüges fungierten die Generalzivilkommissariate wohl in erster
Linie als Briefträger', aber auch als Clearing-Stelle für Finanzfragen und Fragen, die sich aus der militärischen Besetzung
ihres Sprengels ergaben. Zusammen mit der Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens wurden auch die Generalzivilkommissariate
am 16.12.1808 aufgehoben. Schrötter siedelte nach Berlin um, wo er 1810 Mitglied des Geheimen Staatsrats wurde; Dohna-Schlobitten
wurde dagegen Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Steins (1757-1831) Nachfolger als Staatsminister.
2. Bestandsgeschichte
Die Akten wurden bei der Revision und Neuverzeichnung des Bestandes I. HA Rep. 72 Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter
Friedens im Deutschen Zentralarchiv, Abt. Merseburg 1958/59 aus diesem herausgelöst, unter der gegenwärtigen Bestandsbezeichnung
neu formiert und von Meta Kohnke verzeichnet. Bei einer Revision im Jahre 1962 fehlten jedoch die Nummern 1, 2 und 5. Das
Findmittel wurde 2010 durch U. in die Archivdatenbank des GStA PK überführt.
3. Literatur
Gottlieb Krause, Art. "Schrötter, Friedrich Leopold Freiherr von", in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 32, Leipzig 1891,
S. 579-582.
Aretin, Karl Otmar Freiherr von, Art. "Dohna-Schlobitten, Friedrich Ferdinand Alexander, Burggraf und Graf zu", in: Neue Deutsche
Biographie, Band 4, Berlin 1959, S. 53.
4. Verweis auf andere Archive Bestände
GStA PK:
GStA PK, II. HA GD, Abt. 7 Ostpreußen und Litthauen
GStA PK, II. HA GD, Abt. 9 Westpreußen und Netzedistrikt
GStA PK, I. HA Rep. 72 Immediatkommission zur Vollziehung des Tilsiter Friedens
GStA PK, XX. HA, Rep. 5 Kriegs- und Domänenkammer zu Königsberg
GStA PK, XIV. HA, Rep. 131 Kriegs- und Domänenkammer zu Marienwerder
GStA PK, XX. HA, Rep. 10 Regierung zu Königsberg
GStA PK, XIV. HA, Rep. 180 Regierung zu Danzig
GStA PK, XX. HA, Nl Dohna (-Schlobitten), Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf zu
5. Anmerkungen, Bestellsignaturen und Zitierweise
Bestandsumfang: k.A. (10 VE)
Laufzeit: 1807 - 1809
Nicht belegte Signaturen: 2, 3, 5
Die Akten sind zu bestellen:
I. HA Rep. 146 B Nr. (...)
Die Akten sind zu zitieren:
GStA PK, I. HA Rep. 146 B Generalzivilkommissariat für Ost- und Westpreußen
Berlin, 15.11.2010
Dr. Leibetseder
(Archivrat)