Inhaltliche Charakterisierung
Behördengeschichte

Christian Rother (14.11.1778 - 7.11.1849) wurde 1820 zum Präsidenten der Staatsschulden-Verwaltung und zum Chef der Seehandlung ernannt. Mit ihren Mitteln suchte er Handel und Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft zu fördern. Wesentliche Instrumente dazu waren seehandlungseigene Betriebe und der Ausbau einer Flotte, die sich im europäischen wie Überseehandel betätigte.
Die soziale Komponente seines Wirkens zeigte sich u.a. in den Hilfsmaßnahmen beim Brand Hamburgs 1842 und bei dem Bemühen, die Nöte der schlesischen Weber zu beheben.
Aus der gleichen Geisteshaltung heraus hatte Rother im Jahre 1829, zunächst freilich vergeblich, beim König die Errichtung einer Versorgungsanstalt für hilfsbedürftige, unverheiratete Töchter verstorbener Staatsdiener vorgeschlagen. Doch unbeirrt verfolgte er sein Ziel weiter. Das 1834 von Rother gegründete Königliche Leihamt zu Berlin sollte mit seinen Überschüssen die finanzielle Grundlage bilden. 1840 war ein hinreichender finanzieller Grundstock vorhanden, um beim König erneut vorstellig zu werden. Unter dem 19. Juli 1840 genehmigte Friedrich Wilhelm IV. von Preußen per Kabinettsordre die Gründung einer Stiftung, die am 29. September 1840 "Rothers Stiftung" benannt wurde.

Am 5. Januar 1842 konnte bereits das erste Stiftshaus an der Belle-Alliance-Str. 1-2 feierlich eröffnet werden. Die Verwaltung des Rother-Stifts lag in Händen der Seehandlung, die den Vorsitz im Kuratorium innehatte. Man begann mit 40 Stiftsdamen, doch konnte mit wachsendem Kapitalvermögen diese Zahl erhöht und zahlreiche Renten (Jahrgelder) für außerhalb des Stifts wohnhafte Damen bereitgestellt werden. 1895 wurde das Stiftshaus nach Lichterfelde (Kommandantenstraße) verlegt, wo es noch heute besteht. 1931 konnte ein zweites Stiftshaus in der Köhlerstraße eingeweiht werden.

Die finanzielle Situation hat sich freilich seit dem Übergang des Leihamts in städtische Hand (1934) und seit dem Ende des 2. Weltkrieges erheblich verschlechtert.
Geändert hat sich aber auch die Aufnahmepraxis bei den Stiftsdamen. Von Zeit zu Zeit angepaßte "Statuten" und "Hausordnungen" regeln die rechtlichen Verhältnisse sowie das Miteinanderleben der Stiftsdamen.


Bestandsgeschichte

Der Aktenbestand hat erfreulicherweise den Krieg weitgehend überstanden und wurde im Verwaltungskeller des Stiftshauses sorgfältig aufbewahrt. Dank des finanziellen Einsatzes der Stiftung Preußische Seehandlung konnten die Akten gekauft und dem Geheimen Staatsarchiv PK als Depositum übergeben werden. Die Akten vermitteln einen vorzüglichen Überblick über die Entwicklung der Rother-Stiftung von den Anfängen bis zur Gegenwart. Sie zeigen das soziale Engagement des Staates, insbesondere des Staatsministers v. Rother, die Spendenfreudigkeit und die verwaltungsmäßige Betreuung der Stiftung. Die Spezialakten für die einzelnen Stiftsdamen bieten ein buntes Bild der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im preußischen Beamtentum, aber auch vom allmählichen Wandel in den Auffassungen.
Bei der Benutzung des Registers im gedruckten Findbuch (Stand: 1991) ist zu berücksichtigen, daß die unter Klassifikationspunkt 8 in alphabetischer Folge aufgeführten Damen nicht erfaßt sind. Im Aktentitel wird aber jeweils das Geburtsdatum und der Herkunftsort (Wohnort im Zeitpunkt der Antragstellung) angegeben. Letzterer fand Aufnahme in das Register. Wichtig schien auch die Angabe des väterlichen Berufes (später erscheint auch gelegentlich der des Ehemannes) und dessen Aufnahme in das Register, weil dadurch das breite beruflich-soziale Umfeld der Stiftsdamen deutlich wird. Zusammengesetzte Berufsbezeichnungen sind oft mehrfach aufgeführt: z.B. Stabs- und Bataillonsarzt unter Arzt, Eisenbahnbetriebssekretär auch unter Sekretär. Zusätze wie "Geheimer" oder "Wirklicher Geheimer" Rat etwa blieben unberücksichtigt. Wenn derselbe Ort bzw. Beruf mehrfach auf einer Seite vorkommen, werden sie nur einmal erfaßt. Für statistische Auswertungen reicht das Register also nicht aus.

gez. Vogel
Berlin, den 9. Dezember 1991

Bei der Verzeichnung der im August 2012 (Akz 23/2012) 66 abgegebenen Personalakten von Stiftsdamen wurde deutlich, dass die Angabe des Ortes auf dem Aktentitel nicht zwingend mit dem Geburtsort gleichzusetzen ist. Stattdessen wurde der für die Rother-Stiftung maßgeblichere letzte Wohnort notiert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei bis dato verzeichneten Akten dieser Unterschied nicht beachtet wurde. Ab Nr. 2317 wurde konsequent der Geburtsort in den Aktentitel und der letzte Wohnort in den Enthält-Vermerk übernommen.

gez. Dr. Hendel, Referendar und Dr. Puppel, ZQ2-AFP, 6.6.2014

Der Zugang 29/2014 wurde von Referendar Dr. Becker nachbewertet und anschließend verzeichnet.

gez. Dr. Becker und Dr. Puppel, 1.8.2015

Verweis auf ähnliches Material
VI. HA Nl Rother, Christian von
Zitierweise
GStA PK, I. HA Rep. 109 A
Umfang: Angaben zum Umfang: 25 lfm (2406 VE)
Bereitstellendes Archiv: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz