Vorwort
1. Zur Behörde
Nachdem es im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit diverse, teils fürstliche, teils lokalbehördliche, teils private Kurier-
und Boteneinrichtungen gegeben hatte, wurde im Kurfürstentum Brandenburg 1649 durch Übertragung der Zuständigkeit für das
Postwesen an den Geheimen Rat eine zentralstaatliche Postverwaltung eingeführt, die letztlich auch den Einfluss der in den
süddeutschen Territorien stark vertretenen Thurn- und Taxischen Postverwaltung zurückdrängen konnte.
Hauptgrund für die Einrichtung einer zentralstaatlichen Postverwaltung war vor allem die zersplitterte Territorialverfassung
Brandenburg-Preußens ("von Kleve bis Königsberg"), die eine schnelle, reibungslose und verlässliche Kommunikation mit den
einzelnen Landesteilen erforderte. Der erste einheitlich organisierte Postkurs war daher auch der von Kleve über Berlin nach
Memel.
1652 ernannte Kurfürst Friedrich Wilhelm Otto Freiherrn von Schwerin (1616-1679) zum Generalpostdirektor. Die eigentliche
Aufsicht über das Postwesen und die organisatorisch-technische Verwaltung besorgte jedoch vornehmlich der Hofrentmeister Michael
Mathias, der 1654 zum Direktor der kurfürstlichen Hofpost ernannt wurde.
Die dem Matthias dienstlich unterstellten Postmeister und Postschreiber waren bereits zum großen Teil vereidigte Staatsbedienstete,
die nur noch einen Teil der Postgebühren als Besoldung einbehalten durften, weswegen die staatlichen Einnahmen aus dem Postregal
in Folge erhebliche Größenordnungen erreichten, zumal es einen behördlichen Postzwang, d.h. ein weitgehendes Verbot von Privatposten,
gab. Der Post oblag auch die Beförderung von Personen, Geld- und Materialsendungen. Neben der reitenden Post wurde daher auch
eine fahrende Post eingerichtet.
Mit angrenzenden Staaten wurde die grenzüberschreitende Postversorgung - oft nach langwierigen Verhandlungen und Auseinandersetzungen
- vertraglich geregelt. An bedeutenden Verkehrsknotenpunkten
im Ausland (Hamburg, Bremen, Leipzig etc.) wurden eigene Postämter, zumeist beim dortigen Residenten, eingerichtet.
Die Bezeichnung "Generalpostamt" taucht zum ersten Mal in der Belehnung Graf Wartenbergs mit der "Erbpostmeister"-Würde für
die kurbrandenburgisch-preußischen Lande im Jahre 1700 auf. Diese Würde war jedoch ein reines Titularamt, die eigentliche
Verwaltung oblag wie schon unter Schwerin dem (General-)Postdirektor (später Postrat genannt). Trotz der desolaten Finanzlage
des Staates, namentlich unter dem Regime Wartenberg, konnte die Post die Überschüsse von1695 bis 1712 stetig steigern und
die Zahl der Postanstalten vermehrte sich ebenfalls stark (von 70 im Jahr 1688 auf 178 im Jahr 1724).
Das erste eigentliche Postgesetz, die "Neue Postordnung" [1] mit administrativen und technischen Bestimmungen, im Wesentlichen
erarbeitet vom Postrat Grabe (Dienstzeit: 1703-1732), wurde am 10. Aug. 1712 erlassen.
Friedrich Wilhelm I. baute die Post sowohl in ihren Anlagen (Postkurse und Postämter) als in ihren Verwaltungsabläufen und
Zuständigkeiten stark aus. Das Generalpostamt wurde nach Begründung des Generaldirektoriums 1723 diesem unterstellt (zunächst
dem III. Departement, ab 1740 dem neubegründeten Departement für Handel und Manufakturen), behielt aber faktisch Eigenständigkeit,
u.a. indem es weiterhin eine eigene Registratur führte und eine eigene Kassenverwaltung betrieb. Auch wurde das Postwesen
nicht dem Instanzenzug im Generaldirektorium mit provinzialer Unterstellung unter die dem Generaldirektorium untergeordneten
Kriegs- und Domänenkammern eingegliedert. Die Verbindung zum Generaldirektorium wurde vorzugsweise dadurch aufrechterhalten,
dass neben dem Generalpostmeister, dieser im Ministerrang, auch der Postdirektor im Generaldirektorium verbeamtet war.
Weiterhin wurde 1727 dem Generalpostmeister auch das Intelligenzwesen (öffentliche Anzeigenverwaltung) zugeordnet.
Mit dem Fürsten von Thurn und Taxis einigte Preußen sich 1722 [2] in Wesel in einem vornehmlich gegen Bestrebungen angrenzender
Mittelstaaten auf Ausdehnung ihrer Territorialposten gerichteten Postvertrag, der die gegenseitigen Einflusssphären der beiden
mächtigsten Postverwaltungen ihrer Zeit festlegte.
Die Ausdehnung der Postanlagen und Postkurse sowie der Postzwang führten dazu, dass die Posteinnahmen mit einem Jahresüberschuss
von rd. 220.000 Talern zu einer der bedeutendsten Staatseinnahmequellen Brandenburg-Preußens zählten. Unter Friedrich II.
wurde das Postwesen in den Provinzen, inkl. des 1740 eroberten Schlesien, welches postalisch zunächst eigenständig verwaltet
wurde, weiter ausgebaut, nachdem von Habsburg unterstützte Bestrebungen der Reichspost, sich während der Kriegswirren des
Siebenjährigen Krieges auch in den preußischen Landen festzusetzen, letztlich erfolglos blieben.
Vornehmlich zur Vergrößerung der Einnahmen nach dem Siebenjährigen Krieg wurde 1766 neben dem Generalpostamt eine von französischen
Beamten (Generalintendant Bertrand, Sur-Intendant de la Hogue und Postregisseur Moret) betriebene Postregie eingesetzt, die
organisatorische Veränderungen einführte, das schlesische Postwesen eingliederte und v.a. den Postzwang ausdehnte und die
Tarife erhöhte und vereinheitlichte. Da die Regie die Erwartungen des Königs nicht erfüllte, auch weil die Gebührenerhöhungen
zu einem Rückgang der Postsendungen führten, wurde diese nach drei Jahren wieder abgeschafft. Viele der von ihr getroffenen
zentralisierenden Bestimmungen blieben jedoch bis zur Inkraftsetzung der "Erneuerten und erweiterten allgemeinen Postordnung"
vom 26. Nov. 1782 [3] (und z.T. darüber hinaus) bestehen, die die bestehenden administrativen und diensttechnischen Bestimmungen
des Postwesens zusammenfasste. Nominell blieb das Generalpostamt zwar dem Generaldirektorium unterstellt, konnte jedoch faktisch
weiterhin die Eigenständigkeit behaupten.
Am Ende der Regierungszeit Friedrichs II. bestanden 4 Oberpostämter (Berlin, Breslau, Königsberg und Stolzenberg (bei Danzig),
246 Postämter und 510 Postwärtereien; die jährlichen Einnahmen betrugen über 1 Mio. Taler. Auf den großen Postkursen bestand
eine werkstägliche Verbindung.
Das große Gesetzeswerk des Allgemeinen Landrechtes (1794) umfasste auf der Basis der Postordnung von 1782 im Teil II Titel
15 Abschnitt 4 "Vom Postregal" auch die Postgesetzgebung.
Während der Napoleonischen Kriege wurden die Posteinrichtungen in den abgetretenen bzw. besetzten preußischen Gebieten weitgehend
beibehalten, jedoch alle Überschüsse an Frankreich abgeführt und eine umfassende Zensur des Briefverkehrs eingeführt. Zwischen
den besetzten und den unbesetzten Landesteilen erfolgte der Postverkehr nur eingeschränkt. In den abgetretenen linkselbischen
Gebietsteilen wurden stark erhöhte Posttaxen erhoben, die die Bevölkerung zusätzlich stark belasteten.
Nach Einführung der Ministerialverfassung 1808 wurde das Generalpostamt zunächst dem Innenressort zugeschlagen, seit 1810
als eigene Sektion. Ab Juni 1814 war das "Post-Department oder General-Postamt" auch rechtlich als Behörde eigenständig. Es
unterstand lediglich der Oberaufsicht des Staatskanzlers und war direkt zuständig für sämtliche Postämter des Preußischen
Staates, die sieben, später zehn Inspektionsbezirken zugeteilt waren. Die Anzahl der Postämter (einschließlich des Hofpostamtes
in Berlin und mehrerer Oberpostämter) belief sich im Jahr 1849 auf 290. Ihnen waren noch die kleineren Postexpeditionen (1410
im Jahr 1849) zugeteilt.
In den nach 1815 (z.T. wieder) an Preußen gefallenen Territorien galten die jeweiligen überkommenen postrechtlichen und -organisatorischen
Bestimmungen zunächst noch weiter. Die Verabschiedung eines einheitlichen preußischen Postgesetzes, an dem seit 1818 gearbeitet
wurde, kam jedoch jahrzehntelang nicht zustande. Immerhin konnten die Einstellungs- und Dienstvorschriften für das Personal
sowie die Gebührentarife vereinheitlicht werden. Das Postgesetz wurde erst am 5. Juni 1852 [4] verabschiedet.
Die insbesondere in der Ära Nagler (Amtszeit 1821 - 1846) mit Unterstützung der Oberposträte Pistor und insbesondere Heinrich
Schmückert (1790 -1862) eingeführten Verbesserungen waren daher vornehmlich organisatorisch-technischer, nicht grundlegender
postrechtlicher Natur. Strategische Weichenstellungen, so in Hinblick auf Einflussnahme auf den Eisenbahnbau oder die Begründung
von Mittelinstanzen, die der Geschäftsüberhäufung in der Zentralinstanz hätte abhelfen können, wurden nicht getroffen.
Mit der Begründung des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten 1848 wurde das Postwesen als dessen 1. Abteilung
diesem Ressort unterstellt. Handelsminister v. d. Heydt übernahm die oberste Leitung des Postwesens, seit 1849 nominell als
Generalpostmeister in Nachfolge v. Schapers (1846-1849). Generalpostdirektor und damit faktischer Leiter des Postwesens wurde
der langgediente Schmückert. Wesentlich auf ihn geht die grundlegende Neuorganisation durch die Einführung der Oberpostdirektionen
in der Mittelinstanz (auf Ebene der Regierungen) mit Wirkung zum 1. Jan. 1850 zurück. (Kabinettsorder vom 19. Sept. 1849)
[5].
Das Generalpostamt trat nun viele administrative Aufgaben an die Oberpostdirektionen ab und konnte sich daher stärker den
durch die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen anstehenden postrechtlichen und organisatorischen Fragen widmen.
Auch den technologischen Neuerungen wurde Rechnung getragen, indem 1850 die Telegrafen-Direktion dem Generalpostamt unterstellt
und ein Eisenbahn-Postinspektor eingesetzt wurde. Seit 1822 schon gab es schon einen Postdampfer ("Adler" auf der Linie Stralsund
bzw. Wieck - Ystadt/Schweden), dem weitere folgten.
Der wesentlichste Anstoß zur Vereinheitlichung des inneren und äußeren Postwesens kam jedoch aus der Regelung der Postbeziehungen
zu anderen Staaten.
Nach der Gründung des Deutschen Bundes 1815 war es bedeutende Aufgabe, die Postverbindungen zu den und durch die Nachbarstaaten
zu verbessern und zu beschleunigen, was durch den Abschluss diverser Postverträge (Sachsen 1821, 1833; Bayern 1816, 1834;
Mecklenburg-Schwerin 1824, Hannover 1825; Baden 1834; Braunschweig 1839) erreicht wurde. Der grenzüberschreitende Postverkehr
tangierte auch Ansprüche der Thurn und Taxischen Postverwaltung, so dass auch mit dieser 1816/1817 ein Vertrag (mit späteren
Ergänzungs- und Spezialvereinbarungen) geschlossen wurde. Besonders bedeutsam wurde der Postvertrag zwischen den beiden größten
Bundesstaaten Preußen und Österreich, der 1820 geschlossen wurde.
Mit den außerdeutschen Staaten kamen weitere vergleichbare Postvereinbarungen und -verträge zustande, so dass Preußen bis
zur Mitte des Jahrhunderts eine zwar nicht optimale, aber in weiten Teilen stabile Absicherungen seiner Postkurse und Postverbindungen
erlangen konnte.
Die fortschreitende Industrialisierung, die Verbesserung der Verkehrswege und der Kommunikation durch Chausseen, Eisenbahnen,
Dampfschiffe, Telegrafen und v.a. der Abbau von Zollschranken und anderen Handelshemmnissen durch Begründung des Zollvereins
1834 ließen das Bedürfnis einer Vereinheitlichung der innerdeutschen Postorganisation immer stärker werden. Österreich und
Preußen, denen beiden schon aufgrund der Größe und Lage ihrer Staaten an einheitlicherer Postorganisation gelegen war, schlossen
daher am 6. April 1850 eine separate Vereinbarung zur Begründung eines "Deutsch-Österreichischen Postvereins" [6], der von
vornherein auf den Beitritt weiterer Bundesstaaten angelegt war. Bayern und einige andere Staaten traten unmittelbar zur Vereinsgründung
am 1. Juli 1850 bei, andere Staaten folgten rasch und auch die Thurn- und Taxische Postverwaltung trat 1851 bei. Während die
Postorganisation im Inneren den einzelnen Staaten vorbehalten blieb, traf der Postverein Regelungen zur Vereinfachung und
Vereinheitlichung der Posttarife, was zudem zu einer Verringerung der Gebührensätze führte. Weitere Verbesserungen und Vereinheitlichungen
wurden auf den "Deutschen Postkonferenzen" [7] bestimmt und der Postvertrag nachfolgend mehrfach revidiert. Bis 1866 war so
bereits in vieler Hinsicht ein gemeinsames Postgebiet geschaffen.
Das Ausscheiden Österreichs aus dem Deutschen Bund 1866 beendete die Tätigkeit des Postvereins. Als Folge des österreich-preußischen
Krieges und der Einverleibung Frankfurts am Main zog Preußen gegen eine Entschädigungszahlung mit Wirkung zum 1. Juli 1867
auch das gesamte Thurn- und Taxische Postwesen an sich. Mit der Begründung des Norddeutschen Bundes und dem Inkrafttreten
der Verfassung des Norddeutschen Bundes zum 1. Juli 1867 wurde eine Norddeutsche Bundespost [8] geschaffen, die mit Begründung
des Deutschen Reichs 1871 in der Deutschen Reichspost aufging. Damit endete nach über 300 Jahren die (brandenburg)-preußische
Postverwaltung.
Generalpostmeister bis zum Übergang an das Ministerium für Handel und Gewerbe:
1652 - 1679 Otto Freiherr v. Schwerin (1616-1679)
1679 - 1682 Friedrich v. Jena (1620-1682)
1682 - 1688 Paul Freiherr v. Fuchs (1640-1704)
1688 - 1697 Eberhard Freiherr v. Danckelmann (1643-1722)
1698 - 1700 Wolfgang Freiherr v. Schmettau (1648-1711)
1700 - 1711 Johann Kasimir Graf Kolb v. Wartenberg (1643-1712)
1711 - 1719 Ernst Bogislav v. Kameke (1674-1726)
1719 - 1746 Friedrich v. Görne (1670-1746)
1746 - 1749 Samuel v. Marschall (1683-1749)
1749 - 1753 Georg Dietloff v. Arnim (1679-1753)
1653 - 1762 Gustav Adolf Graf v. Gotter (1692-1762)
1762 - 1769 Heinrich IX. Graf Reuß (1711-1780)
1769 - 1779 Friedrich Wilhelm v. Derschau (1723-1779)
1779 - 1781 Friedrich Gottlieb Michaelis (1726-1781)
1781 - 1800 Hans Ernst Dietrich Freiherr v. Werder (1740-1800)
1800 - 1806 Friedrich Wilhelm Graf v.d. Schulenburg-Kehnert (1742-1815)
1808 - 1821 Johann Friedrich v. Seegebarth (1747-1823)
1823 - 1846 Karl Ferdinand Friedrich v. Nagler (1770-1846)
1846 - 1849 Justus Wilhelm Eberhard v. Schaper (1792-1868)
1849 - 1862 August v.d. Heydt (1801-1874)
2. Zum Bestand:
Das Generalpostamt führte seit seinen Anfängen unter dem Postdirektor Matthias eine eigene Registratur, die sich im 19. Jh.
gemäß der Aufteilung der Behörde in Abteilungen, so u.a. Kursbüro (mit Bibliothek und Kartensammlung) sowie Kalkulator und
Verifikatur (seit 1850 Rechnungsbüro) in Unterregistraturen gliederte. Seit 1821 bestand ein Postarchiv, aus dem 1829 ein
Postbauarchiv ausgegliedert wurde.
Viele der älteren Überlieferungen sind in großen Kassationen im Jahre 1799 [9] vernichtet worden, auch ging in den nachfolgenden
Kriegsjahren vieles verloren. Zudem gingen mit der Begründung der Oberpostdirektionen im Jahr 1850 umfangreiche Überlieferungen
an diese über.
In der Beständeübersicht von 1934 [10] ist zum Bestand I. HA Rep. 103 Generalpostmeister bzw. -amt vermerkt, dass dieser einige
wenige Generalia-Aktenbände und dazu Akten zum ostfriesischen Postwesen umfasste, die in dem Sammelfindbuch zu den Reposituren
102-108 verzeichnet waren. Wann diese in das Geheime Staatsarchiv gelangt sind, lässt sich dem Findbuch nicht entnehmen. Diese
Akten sind mit den Auslagerungen des GStA im 2. Weltkrieg in das Zentrale Staatsarchiv Merseburg gelangt.
Mit dem Übergang der preußischen an die norddeutsche bzw. die Reichspost gingen auch die Registraturen an das Reich, das ab
1919 ein eigenes Postministerium unterhielt, über. Die älteren Überlieferungen aus brandenburg-preußischer Zeit (darunter
auch solche, die nachweislich bereits im Geheimen Staatsarchiv archiviert waren) wurden in einem "Geheimen (Post-)Archiv"
verwahrt, das bis 1929 neben der "Geheimen (Post-)Registratur" bestand und ab 1931 neu geordnet werden sollte. Zu diesem Zweck
kontaktierte der Bearbeiter, Ministerialdirigent i.R. Köhler, das Preußische Geheime Staatsarchiv, das dem Ministerium gegenüber
großes Interesse an der preußischen Postüberlieferung bis 1867 bekundete. Eine Übergabe an das Geheime Staatsarchiv lehnte
das Postministerium aber ab.
Berthold Schultze stellte zudem 1932 fest, dass die Oberpostdirektion Berlin noch große Teile der Überlieferungen des alten
Berliner Hofpostamtes verwahrte, allerdings waren weitere ältere Überlieferungen nach 1919 vernichtet worden.
Trotz der früheren Verweigerung der Bestandsabgabe an das Geheime Staatsarchiv wurden zwischen 1933 und 1941 über 2.000 historisch
wertvolle Akte des ehemaligen "Geheimen Archivs" abgegeben, jedoch an das Reichsarchiv in Potsdam. Diese Akten haben infolge
rechtzeitiger Auslagerung weitgehend unbeschadet den 2. Weltkrieg überstanden und befanden sich ab 1950 im Zentralen Staatsarchiv
Potsdam.
1937 erfolgte eine Abgabe der Reichspostdirektion Berlin an das Preußische Geheime Staatsarchiv im Umfang von 122 "Bündeln",
1938 eine solche von 76 Bündeln. Über den Inhalt dieser Akten ist der Dienstregistratur des GStA nichts zu entnehmen. Vermutlich
handelte es sich jedoch um jüngere provinziale Akten des 20. Jh., denn die mit Aussonderungslisten der Reichspostdirektion
Berlin inkl. der Berliner Postämter dokumentierten Abgaben [11] von 1939 bis 1944 betrafen den Bestand Pr.(ovinz) Br.(andenburg)
Rep. 44 Oberpostdirektionen.
Nach Kriegsende kontaktierte das Geheime Staatsarchiv (nunmehr "Hauptarchiv für Behördenakten") Mitarbeiter des ehemaligen
Reichspostministeriums, um Informationen zum Verbleib der Akten v.a. des Postarchivs erlangen zu können [12]. Den Ermittlungen
zufolge sind wertvolle Teile des Postarchivs, darunter Schriftgut bis in das 17. Jahrhundert zurück und besonders wertvolle
Personalakten (z.B. Heinrich v. Stephan) in der Auslagerungsstätte Serrahn, Mecklenburg, infolge der Kampfhandlungen und z.T.
durch Plünderungen vernichtet worden.
Weitere Auslagerungsstätten befanden sich in Mitteldeutschland (bei Meißen) und Süddeutschland (Ebingen), z.T. auch in Österreich.
Jüngere Überlieferungen waren im Postamt Luckau ausgelagert worden. Die sehr wertvolle Briefmarkensammlung befand sich in
einem Bergwerk bei Eisleben. Das ehemalige Reichspostministerium hatte über den konkreten Inhalt der Auslagerungsstätten im
Okt. 1945 noch keine genauen Informationen. Bekannt war jedoch, dass es noch weitere Umlagerungen gegeben hatte.
Aus diesen Auslagerungsstätten ist nach 1945 nichts an das Hauptarchiv für Behördenakten, seit 1963 Geheimes Staatsarchiv
Preußischer Kulturbesitz, gelangt. Die Beständeübersicht von 1967 verzeichnet unter der Repositur 103 lediglich 7 Verzeichnungseinheiten
aus dem Zeitraum 1817-1871 vornehmlich zu Ordensverleihungen und bemerkt ansonsten "Die Repositur befindet sich im Zentralen
Staatsarchiv Merseburg".
Umfangreiche Überlieferungen des Reichspostministeriums, die zunächst im Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR
verwahrt wurden, sind in mehreren Abgaben des Ministeriums (1957, 1960 und 1966) an das Zentrale Staatsarchiv Potsdam gelangt,
das diese Überlieferungen in einem Findbuch 47.01 Reichspostministerium zusammenfasste. 1961 wurden im Zuge einer Bestandsabgrenzung
innerhalb des Zentralen Staatsarchivs ca. 2.250 Verzeichnungseinheiten des Bestandes 47.01 mit einer Laufzeit bis Ende 1867
von Potsdam nach Merseburg abgegeben.
Ab Mitte der 1980er Jahre wurde der Bestand "Rep. 103" unter der Leitung der Dipl.-Archivarin Nagel neu bearbeitet, wobei
einige provenienzfremde Teile ausgegliedert wurden. Das 1987 erarbeitete Ordnungsschema liegt der heutigen Bestandsordnung
zu Grunde. Im März 1991 wurden noch die in Dahlem vorhandenen Restakten nach Merseburg zur Eingliederung gesandt, bevor der
Bestand 1993 in Gänze nach Berlin-Dahlem überführt wurde. Um 2000 erfolgte die Retrokonversion auf Basis der Merseburger Neubearbeitung.
Dabei wurden die bereits in Merseburg ausgesonderte provenienzfremden Teile den zuständigen Archivverwaltungen übergeben und
ein Paket bislang unbearbeiteter Akten der Telegrafendirektion durch Archivinspektorin Rose verzeichnet und dem Bestand als
eigener Klassifikationspunkt angegliedert. Des Weiteren erfolgte provenienzgerecht die Auflösung des bisherigen Bestandes
GStA PK, XIV. HA Rep. 242 Generalpostamt Berlin, enthaltend Akten mit westpreußischem Bezug, und dessen Eingliederung in den
Bestand I. HA Rep. 103. Zuletzt wurden 2014 noch einige wenige aus einer Bestandsabgleichung mit dem Bundesarchiv stammende
Personalakten angefügt.
Da sich aus verwaltungshistorischen Gründe sehr viele Akten mit postalischen Betreffen in anderen Beständen befinden, wurde
um 1990 von der pensionierten Merseburger Dipl.-Archivarin Dr. Meta Kohnke ein "Inventar zur Geschichte der Post in Brandenburg-Preußen
1587-1807" erarbeitet, das vornehmlich auf Grundlage der sog. "Registraturbücher" Teile der "Alten Reposituren" Rep. 1-69
berücksichtigte. 1995 legte der Archivangestellte Stephan Utpatel als Diplomarbeit an der Fachhochschule Potsdam ein "Überlieferungen
zur Postgeschichte im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz - Aspekte der weiteren Bestandsbearbeitung" betiteltes
Inventar vor, das neben den von Kohnke nicht erfassten Teilen der "Alten Reposituren" auch die II. bis III., die V. und VI.
(seinerzeit noch: I. HA Rep. 92 Nachlässe) sowie die XI. HA beinhaltet.
Endnoten:
[1]: Mylius, Corpus Constitutionum Marchicarum, Teil 4,1 Kap. III Nr. XCVII.
[2]: Ratifikation durch den Fürsten v. Thurn und Taxis, s. GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Staatsverträge, Nr. 940.
[3]: Novum Corpus Constitutionum, Teil 7, 1872 Nr. 53, Sp. 1725-1868.
[4]: Gesetzessammlung für die Königlich Preußischen Staaten, 1852, S. 345-359.
[5]: Gesetzessammlung für die Königlich Preußischen Staaten, 1850, S. 299.
[6]: In der Gesetzessammlung ist nur der revidierte Vertrag des Deutschen Postvereins vom 5. Dez. 1851 publiziert: 1852, S.
401ff.
[7]: 1851 Berlin, 1855 Wien, 1857 München, 1860 Frankfurt/Main, 1865 Karlsruhe.
[8]: Verfassung des Norddeutschen Bundes, Abschnitt VIII (Art. 48-52).
[9]: s. Stephan/Sautter, "Geschichte der preußischen Post", Berlin 1928, S. 480 f.
[10]: Ernst Müller und Ernst Posner (= Mitteilungen der preußischen Archivverwaltung, Heft 24), Leipzig 1934, S. 145.
[11]: Nach: GStA PK, I. HA Rep. 178 B Preußisches Geheimes Staatsarchiv, Nr. 315.
[12]: Nach: GStA PK, I. HA Rep. 178 B Preußisches Geheimes Staatsarchiv, Nr. 1171.
Dienstgebäude: bis zum Übergang an den Norddeutschen Bund: Berlin, Spandauerstr. 21
Publikationsorgan:
Seit 1846: "Amtsblatt des Königlichen Postdepartements", fortgesetzt (1868-1871) durch "Amtsblatt der Norddeutschen Postverwaltung",
dann "Amtsblatt der Deutschen Reichs-Postverwaltung" mit Beilage "Deutsches Postarchiv"
Literatur:
· W. H. Matthias: "Darstellung des Postwesens in den Kgl. Preuß. Staaten I-III". Berlin 1812, 1817.
· "Geschichte der preußischen Post". Nach amtlichen Quellen bis 1858 bearbeitet von H. v. Stephan. Neubearbeitet und fortgeführt
bis 1868 von K. Sautter. Berlin 1928
· "Handwörterbuch des Postwesens" hrsg. von W. Küsgen u.a.. Berlin 1927
Der Personen- sowie der Ortsindex wurden von Archivinspektorin Rose gefertigt.
Die Erarbeitung der Findmittel-Einleitung erfolgte 2017 durch die Unterzeichnete.
Letzte vergebene Nummer: 2275
Der Bestand lagert derzeit im Außenmagazin Westhafen
Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
I. HA Rep. 103, Nr. [
]
Zitierweise:
GStA PK, I. HA Rep. 103 Generalpostmeister bzw. Generalpostamt, Nr. [
]
Berlin, 20. Sept. 2017
(Brandt-Salloum, AOAR)