A. Behördengeschichte
I. Besitznahme
II. Die Verwaltung der Justiz-, Hoheits- und Lehnssachen
III. Die Verwaltung der geistlichen und Schulangelegenheiten siehe Rep. 7 C Südpreußen Abschnitt A. III
B. Kanzlei- und Registraturgeschichte
C. Bestandsgeschichte
D. Hinweise
I. Quellen- und Literaturhinweise
1.) Quellen
a) gedruckte Quellen
b) ungedruckte Quellen
2.) Darstellungen
II. Ergänzende Bestände
A. Behördengeschichte
I. Besitznahme Neuostpreußen
Durch den Vertrag vom 24. Oktober 1795 zwischen Russland, Österreich und Preußen wurde die 3. Teilung Polens besiegelt. Bei
dem Preußen zugesprochenen Teil handelte es sich um die Stadt Warschau sowie um ein Gebiet von 900 Quadratmeilen, das im Westen
an Ostpreußen anschloss und 1 Million Einwohner zählte. Dazu kamen im Süden ein Teil des Palatinats Krakau sowie Severien.
Beide Gebiete erhielten die Bezeichnung "Neuschlesien" und wurden verwaltungsmäßig zu Schlesien geschlagen, lediglich in Justizangelegenheiten
war die Petrikauer Regierung zuständig. Warschau gelangte an Südpreußen, während das nördlich der Weichsel gelegene südpreußische
Gebiet mit der neuen Erwerbung eine besondere Provinz bildete. Wegen deren Benennung gab es zunächst Differenzen. Der von
Schroetter vorgeschlagene Name "Neuostpreußen" wurde zunächst vom Auswärtigen Departement mit der Begründung abgelehnt, dass
ein eigener Name nicht erforderlich sei, da die neue Erwerbung kein zusammenhängendes Gebiet ausmache und daher auf die angrenzenden
Departements verteilt werde. Da dieser Plan sich jedoch wegen der unterschiedlichen Verhältnisse als undurchführbar erwies,
ließ man die "Akqusition" als besondere Provinz bestehen, die erst ein Jahr nach dem Teilungsvertrag, am 20. November 1796,
die Bezeichnung "Neuostpreußen" erhielt.
Die militärische Besitznahme begann im Dezember 1795 unter dem Oberkommando des Generalmajors v. Günther. Im gleichen Monat,
am 14. Dezember, wurde die Provinz durch Kabinettsorder dem Minister Frhr. v. Schroetter übertragen.
Die offizielle Zivilbesitznehmung erfolgte am 6. Juni 1796. Einen Monat später fand die Huldigung statt, die in Vertretung
des Königs durch Schroetter in Gumbinnen vorgenommen wurde.
II. Die Verwaltung der Justiz-, Hoheits- und Lehnssachen
Bei der Erwerbung Neuostpreußen wurde der Großkanzler Goldbeck mit der Einrichtung des Justizwesens in der neuen Provinz betraut.
Ein Grund, weshalb man nicht wie in Südpreußen zunächst auf den schlesischen Justizminister Danckelman zurückgriff, ist wohl
darin zu sehen, dass man von vornherein ähnliche Differenzen, wie sie in Südpreußen zwischen dem Justizdepartement in Berlin
und dem mit dem Justizwesen interimistisch Beauftragten vermeiden wollte.
Als Goldbeck 1799 an Carmers Stelle als Chef der Justiz trat, gingen die bisher von ihm in Justizsachen verwalteten Provinzen
Süd- und Neuostpreußen an Massow über.
Mit Justizangelegenheiten der neuen Provinz war auch die Gesetzeskommission unter Leitung des Großkanzlers Carmer und (ab
1799) Goldbeck befasst.
Alle Angelegenheiten, die Hoheitsrechte betrafen, z. B. Besitznahme, Huldigung, Grenzsachen u. ä., gehörten zum Ressort des
Departements der Auswärtigen Angelegenheiten.
Die Aufsicht über das Lehnswesen hatte das Lehnsdepartement, das mit dem Justizdepartement verbunden war und unter Leitung
des Lehnsdirektors und Staats- und Justizministers v. d. Reck stand.
Nach den Veränderungen im Auswärtigen Departement wurden dem Lehnsdepartement auch die bisher vom ersteren verwalteten Angelegenheiten
des königlichen Hauses und die Landeshoheitssachen zugewiesen.
In der mittleren Spähre oblag die Verwaltung der Justizsachen nach dem Ressortreglement vom 3.3.1797 den Regierungen, während
die Hoheits- und Lehnssachen den Kammern zugewiesen waren, die in diesen Fragen von den entsprechenden Departements in Berlin
ressortierten. Im Gegensatz zu Südpreußen begann man in Neuostpreußen nicht sogleich mit der Einrichtung der Mittelbehörden,
sondern ließ das Land interimistisch von Organisationskommissionen verwalten. Erst zu Anfang des Jahres 1797 wurden zwei Regierungen
in Plock und Bialystok eingerichtet, nachdem Finanz- und Justizdepartement sich vorher über die endgültige Behördenorganisation
in der Provinz geeinigt hatten. Wie in Südpreußen, so waren auch in Neuostpreußen den Regierungen die Kreisjustizkommissionen
und Inquisitoriate unterstellt.
Bedeutsam ist, dass in Neuostpreußen durch das Ressortreglement vom 3. März 1797 eine völlige Trennung von Justiz und Verwaltung
vorgenommen wurde, eine Erscheinung, die für die preußischen Provinzen jener Zeit einmalig ist.
III. Die Verwaltung der geistlichen und Schulangelegenheiten siehe Rep. 7 C Südpreußen
B. Kanzlei- und Registraturgeschichte
Eine eigene Expedition für die neuostpreußischen Angelegenheiten ist in der Geheimen Staatskanzlei nicht eingerichtet worden.
1797 erhielt der Kriegsrat Siebmann, der bisher die Expedition für Ost- und Westpreußen sowie für Ostfriesland versehen hatte,
auch die neuostpreußische Expedition. Extradent war Kriegsrat Creutz, der zugleich für Ostpreußen, Westpreußen, Ostfriesland,
Magdeburg, Halberstadt, Minden, Kleve, Ansbach und Bayreuth zuständig war. Nach einer Übersicht vom 1. Januar 1803 hatte die
obengenannte Expedition vier Expedienten, von denen Kriegsrat Humbert die Ausfertigung der Ost- und Neuostpreußen betreffenden
Schriftstücke oblag.
Über die Kanzleiverhältnisse nach der Auflösung der für alle Departements zuständigen Geheimen Staatskanzlei und Registratur
siehe entsprechenden Abschnitt bei Rep. 7 C, Südpreußen.
Die Registratoren trugen die anfallenden Schriftstücke bzw. Vorgänge in die jährlich angelegten "Indices" ein, und zwar in
alphabetischer Reihenfolge. Namen bzw. Stichwort des Rubrums wurden ausgeworfen und nach dem Rubrum das genaue Datum und eine
Registratursignatur vermerkt.
Für die Jahre 1795 - 1796 sind die Neuostpreußen betreffenden Schriftstücke unter (Ost-) "Preußen" in den Indices "Provinzen"
eingetragen (C 168 und 170), 1797 wird für Neuostpreußen in dem Provinz-Index eine besondere Spalte eingerichtet, (C 172,
174, 176). 1800 sind die Provinzen Ost-, Neuost- und Westpreußen, Kleve, Halberstadt, Minden und Pommern in einem Band vereinigt
(C 178), von 1801 - 1803, die Provinzen Ost-, West-, Neuostpreußen und Pommern (C 181, 185, 189).
Ähnlich war die Zusammenfassung der Provinzen beim Hoheitsdepartement.
1804 sind die Provinzen Ost-, Süd-, Neuost-, Westpreußen und Pommern in einem Band vereinigt (D 31, 34, 37).
Im Auswärtigen Departement ist Neuostpreußen mit den Provinzen Ost- und Westpreußen in einem Band (D 41) zusammengefasst.
Außer in den Indices, die die Schriftstücke alphabetisch verzeichnen, wurden die Akten in das Registraturbuch (B 27) eingetragen,
das wie folgt untergliedert war:
(1) Bestallungen und Gnadensachen
(2) Consistorialia
(3) Fiscalia
(4) Judensachen
(5) Intercessionalia
(6) Feudalia
(7) Hoheitssachen
(8) Monatsakten
C. Bestandsgeschichte
In der Geheimen Registratur bzw. den Geheimen Registraturen verblieben die Akten in der Regel nur ein Jahr und gelangten dann
in das Geheime Archiv. Hier wurden sie in der nach 1795 angelegten Repositur 7 A untergebracht. Ein geringer Teil der Akten
gelangte, dem Pertinenzprinzip entsprechend, in die Reposituren 7 C, Südpreußen; 9, Allgemeine Verwaltung; 9, Polen; 7, Preußen
und 11 Auswärtige Beziehungen.
Bald nach der Besitznahme wurde von dem Geheimen Archivar und (seit 1801) Kriegsrat Wernitz jun. ein "Repertorium über alle
seit dem Jahre 1795 zum Geheimen Staatsarchiv gekommenen neuostpreußischen Akten" angelegt, das in der Folgezeit laufend ergänzt
und bis 1923 in Gebrauch blieb. Wernitz, der im Geheimen Archiv auch die ost-, westpreußischen und pommerschen sowie die Schifffahrts-
und Kommerzakten bearbeitete, hat auch das Registraturbuch für Neuostpreußen angelegt.
Die Einteilung ist die für Provinzialreposituren typische nach Materien in alphabetischer Folge, wobei wohl die früher angelegten
Reposituren 7 C und 46 B als Vorbild dienten.
Im Deutschen Zentralarchiv wurden die ehemals in einer Repositur vereinigt gewesenen und denselben Registraturen entstammenden
Akten wieder zu einem Bestand vereinigt. Dieses geschah in den Jahren 1956 - 1958 durch den staatl. gepr. Archivar Henning
nach den bereits in der Einleitung von Rep. 7 C geschilderten Prinzipien.
Die etwas unterschiedliche Fassung der Betreffe im vorliegenden Findbuch ist darauf zurückzuführen, dass die im Geheimen Staatsarchiv
verbliebenen Akten nicht verkartet, sondern vom Findbuch abgeschrieben wurden, wobei sich nicht alle Unebenheiten beseitigen
ließen.
Die den Akten der Warschauer Ablieferung von Jasnogorski gegebene Paketzahl und Nr. ist im vorliegenden Findbuch vermerkt.
Bei dem Teil der Akten, der im Gefolge des Wiener Kongresses nach Berlin zurückkehrte und im Findbuch von Warschauer mit "In
Warschau gewesen" gekennzeichnet ist, wurden Paketzahl und Nr. in Klammern gesetzt und in die Spalte "Bemerkungen" eingetragen.
D. Hinweise
I. Quellen- und Literaturhinweise
1.) Quellen
a) Gedruckte Quellen:
Bussenius, Ingeburg und Walther Hubatsch [Hrsg.]: Urkunden und Akten zur Geschichte der preußischen Verwaltung in Südpreußen
und Neuostpreußen 1793 - 1806
Frankfurt/Bonn, 1961
b) Ungedruckte Quellen:
I. HA GR, Rep. 7 A Nr. 1783 Das interimistische Ressortreglement für die Regierung und die Kammerkommission, 1796
I. HA GR, Rep. 7 A Nr. 1785 Die Organisationskommission in den neuakquirierten Provinzen von Polen, 1796
I. HA GR, Rep. 7 A Nr. 1786 Das Ressortreglement für Neuostpreußen, 1797
I. HA GR, Rep. 7 A Nr. 1789 Die Konstitution wegen Errichtung der Untergerichte in der Provinz Neuostpreußen, 1797
I. HA Rep. 84 VII Nr. 523 Die Verteilung der Geschäfte zwischen den neuostpreußischen Justizkollegien, insbesondere das Reglement
vom 3.3.1797, 1797
I. HA Rep. 89 119 A Generalia der Verwaltung von Neuostpreußen, 1797 - 1806
I. HA Rep. 96 Nr. 241 Angelegenheiten von Neuostpreußen, 2 Bde., 1794 - 1797
2.) Darstellungen
Bussenius, Ingeborg Charlotte: Die preußische Verwaltung in Süd- und Neuostpreußen, 1793 - 1806 = Studien zur Geschichte Preußens,
Bd. 6 Heidelberg 1960
Holsche, A. W. v.: Geographie von West-, Süd- und Neuostpreußen, 3 Bde., 1800 - 1807
Klewiz, W. A. v.: An die polnische Nation. Über die preußische Verwaltung in den ehemaligen Süd- und Neuostpreußen, Berlin
1812
Mayer, C.: Studien zur Verwaltungsgeschichte der 1793 und 1795 von Preußen erworbenen polnischen Provinzen, Diss., Berlin
1902
II. Ergänzende Bestände:
I. HA GR, Rep. 7, Preußen, bes. Nr. 166 b
I. HA GR, Rep. 7 C, Südpreußen
I. HA GR, Rep. 9, Polen
I. HA Rep. 76 (alt), Ältere Behörden für Wissenschaft, Kunst, Kirchen- und Schulsachen
I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Warschau, Generalkonsulat Warschau
I. HA Rep. 84 Justizministerium zur Revision der Gesetzgebung; verschiedene mit ihnen zusammenhängende Gesetzkommissionen;
Akten der Großkanzler v. Carmer und v. Goldbeck
I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, 1797 - 1806
I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett, Friedrich Wilhelm II.
II. HA Generaldirektorium, Abt. 11 Neuostpreußen
VI. HA Nachlässe Hoym, Klewitz, Voß
Merseburg, im Juni 1960
Kohnke