Kurzdarstellung zur Geschichte der brandenburgischen Herrschaften in Schlesien
Die Repositur 46 ist ein Pertinenzbestand, der vor allem Schriftgut aus den Kanzleien der Markgrafen Georg und Georg Friedrich
von Brandenburg-Ansbach in Jägerndorf und Ansbach, des 1604 gegründeten Geheimen Rats und vereinzelt auch Akten aus der Kanzlei
des Markgrafen Johann von Brandenburg-Küstrin und der neumärkischen Regierung in Küstrin enthält. Neben den Beziehungen zu
den Herzögen von Münsterberg, Liegnitz und Brieg und zum Oberlandeshauptmann in Schlesien, dem Statthalter des böhmischen
Königs, dokumentiert der Bestand den Erwerb, die Verwaltung und den Verlust verschiedener schlesischer Territorien durch die
Hohenzollern.
Im Jahre 1512 war es dem Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach (1484-1543) gelungen, sich durch einen Erbvertrag mit den
Herzögen Johann II. von Oppeln und Valentin von Ratibor die Erbfolge in deren Territorien zu sichern. Im Falle von Valentins
kinderlosen Tod sollte dessen Herzogtum an Johann II. fallen, was tatsächlich im Jahre 1521 eintrat. Die beiden Herzogtümer
wurden daraufhin von Herzog Johann II. zum Herzogtum Oppeln-Ratibor vereinigt. Beim Tod des kinderlosen Herzogs sollte dessen
Besitz an Markgraf Georg übergehen. Obwohl der seit 1526 regierende böhmische König Ferdinand I. den Herzog Johann II. zum
Widerruf der Erbvereinigung gezwungen hatte, um ein Ausbreiten der Hohenzollern in Schlesien zu verhindern, sicherte er dem
Markgrafen im Prager Vertrag (17. Juni 1531) den Pfandbesitz von Oppeln-Ratibor zu und übertrug ihm die Herrschaft Beuthen
auf zwei Leibeserben sowie die Herrschaft Oderberg auf drei Leibeserben.
Unter seinem Nachfolger, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach (1539-1603), wurden Oppeln und Ratibor vom König
wieder eingezogen (1551). Für die darauf haftende Pfandsumme erhielt der Markgraf Sagan, Sorau und Friedland, die aber schon
1558 wieder ausgelöst wurden. Mit dem Tod des kinderlosen Markgrafen Georg Friedrich gingen die schlesischen Besitzungen an
den Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg über, was erneut zu Konflikten mit den Kaisern führten, welche die brandenburgischen
Besitzungen in Schlesien als heimgefallene Lehen betrachteten. Der Kurfürst übertrug das Herzogtum Jägerndorf sowie die Pfandherrschaften
Oderberg und Beuthen seinem zweiten Sohn Johann Georg (1577-1624), der sich bis 1621 in den Besitzungen behaupten konnte.
Als Parteigänger des "Winterkönigs" Friedrich V. von der Pfalz wurde er nach dessen Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg
mit der Acht belegt und seine Besitzungen eingezogen. Diplomatische Bemühungen, die die Hohenzollern in der Folge zur Rückgewinnung
des Herzogtums Jägerndorf anstellten, blieben erfolglos.
Der Kreis Schwiebus gelangte im Jahr 1686 an Brandenburg. Kurfürst Joachim II. von Brandenburg (1505-1571) hatte 1537 mit
dem Herzog Friedrich II. von Liegnitz und Brieg einen Erbvertrag geschlossen, der im Falle des Aussterbens der Liegnitzer
Piasten im Mannesstamm den Übergang ihrer Territorien an das Kurhaus Brandenburg vorsah. Im umgekehrten Fall sollten die Liegnitzer
Herzöge brandenburgische Besitzungen in Schlesien und der Niederlausitz erhalten. Kaiser Ferdinand I. war ein entschiedener
Gegner dieser Erbverbrüderung und annullierte sie auf dem Fürstentag zu Breslau 1546. Im Jahre 1675, als das Liegnitzer Piastengeschlecht
erlosch, fielen Liegnitz, Brieg und Wohlau an die Habsburger.
Am 22. März 1686 schlossen Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und Kaiser Leopold I. eine Defensivallianz, zu der sich
der Kurfürst angesichts der Spannungen mit Frankreich nach dem Edikt von Potsdam (8. November 1685) genötigt sah. Er verzichtete
in diesem Geheimvertrag auf seine Ansprüche auf Jägerndorf sowie Liegnitz, Brieg und Wohlau. Stattdessen wurde ihm der überwiegend
von Protestanten bewohnte Kreis Schwiebus zugesprochen. Zuvor jedoch, am 28. Februar 1686, hatte sich der Kurprinz, der spätere
Kurfürst Friedrich III., gedrängt und fehlinformiert durch den österreichischen Gesandten Baron von Fridag, hinter dem Rücken
seines Vaters in einem Revers verpflichtet, den Kreis Schwiebus bei Antritt seiner Regierung dem Kaiser wieder zurückzugeben.
Nach dem Tod des Großen Kurfürsten versuchte Friedrich III., den Revers unter Hinweis die zweifelhaften Umstände seines Zustandekommens
für ungültig zu erklären; Kaiser Leopold jedoch drohte sogar mit der gewaltsamen Besetzung des Kreises, falls dieser ihm nicht
wieder eingeräumt würde. Mit dem Retraditionsrezess vom 10. Dezember 1694 schließlich verzichtete Friedrich III. auf den Kreis
Schwiebus und erhielt daraufhin vom Kaiser unter anderem die Anwartschaft auf Ostfriesland.
Die kleine Herrschaft Großburg in der Nähe von Strehlen befand sich seit 1234 im Besitz des Bistums Lebus. Im Jahre 1553 verkaufte
der letzte katholische Lebuser Bischof Johann Horneburg den sogenannten Halt Großburg an den kurfürstlichen Rat Gottfried
von Canitz, der auch für die Lebuser Bischöfe als Rat tätig war. Die Lehnsrechte gingen in der Folge an die Kurfürsten von
Brandenburg über. Damit bildete der Halt Großburg eine brandenburgische Exklave im schlesischen Gebiet, was besonders im 17.
Jahrhundert zu Konflikten mit dem Oberlandeshauptmann in Breslau führte.
Nach der preußischen Besitzergreifung in Schlesien verblieb die Jurisdiktion über das Gebiet formell bei den kurmärkischen
Behörden, mit Ausnahme der Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten, die der Kriegs- und Domänenkammer in Breslau übertragen
wurden. Erst mit Reskript vom 28. Dezember 1801 gingen die Befugnisse der Berliner Behörden auf die Oberamtsregierung, das
Konsistorium und das Pupillenkollegium in Breslau über.
Bestandsgeschichte
Die von dem Registrator Johannes Zernitz (um 1584-1663) eingerichteten Reposituren 46 "Herzogtum Jägerndorf, item Oderberg
und Beuthen, Collectanea aus'm Erzstift [Magdeburg], auch neue Ventilationes und Vorlauf, item pauca von Sagan" und Rep. 47
"Kurzer Verlauf wegen des Fürstentum Sagan" wurden von Christoph Schönbeck (1601-1662), der von diesen Beständen nur noch
Reste vorfand, unter der Repositurnummer 46 vereinigt. Der größte Teil der Akten war 1606 dem Markgrafen Johann Georg bei
Antritt der Regierung in Jägerndorf übergeben worden, eine weitere Ablieferung war 1616 erfolgt. Diese Akten gelangten nach
dem Ende der Herrschaft Johann Georgs in Jägerndorf an das Fürstlich Liechtensteinsche Archiv auf Schloss Butschowitz.
Das Verzeichnis der Konvolute im so genannten Roten Buch, eine ergänzte Abschrift des Schönbeckschen Verzeichnisses im Allgemeinen
Repertorium, bildete bis in die Gegenwart das Findhilfsmittel für diesen Bestand. Zum Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts
wurde der Bestand im damals erarbeiteten so genannten Generalrepertorium verzeichnet.
Im 19. und 20. Jahrhundert teilte der Bestand das Schicksal der übrigen Reposituren des Geheimen Rats. Mit diesen zusammen
war er zunächst im Geheimen Staatsarchiv im Berliner Schloss, dann im Berliner Hohen Haus und schließlich im Dahlemer Archivzweckbau
aufgestellt, ehe er nach kriegsbedingter Auslagerung ins Zentrale Staatsarchiv der DDR, Abteilung Merseburg gelangte. 1993
kehrte die Überlieferung des Geheimen Rats mit den anderen Merseburger Beständen nach Berlin zurück.
Im Jahre 2019 wurde mit der Revision des Bestandes GStA PK, I. HA GR, Rep. 46 Beziehungen zu Schlesien begonnen. Im Laufe
der Bearbeitung wurde schnell klar, dass sich mit den Arbeiten (Auflösung der Pakete und Bildung kleinerer Verzeichnungseinheiten,
Erfassung von Laufzeit und Umfang) nicht der erwünschte Informationsgewinn erzielen ließ. Aus diesem Grund erfolgte eine tiefere
Erschließung zahlreicher Akten dieses Bestandes.
Die umfangreichen Konvolute wurden aufgelöst und die dabei gebildeten Verzeichnungseinheiten mit laufenden Nummern versehen.
Im Zuge der Bearbeitung erfolgte auch die Ersetzung der vorgefundenen Archivalienverpackungen durch säurefreie Mappen und
Kartons.
Formalangaben
Letzte vergebene Nummer: 274
Umfang (in laufenden Metern): ca. 13
Gesamtlaufzeit des Bestandes: 1512-1802
Lagerungsort : Magazin Westhafen
Die Akten sind wie folgt auf gelben Leihscheinen zu bestellen:
I. HA Rep. 46, Nr. #
Zitierweise:
GStA PK, I. HA GR, Rep. 46 Beziehungen zu Schlesien, Nr. #